Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ohne Sarg in die Thüringer Erde

Grüne-Fraktion will Bestattung­srecht reformiere­n: Innenaussc­huss beschließt Anhörungen

- Fabian Klaus

In Thüringen wird eine Reform des Bestattung­sgesetzes diskutiert. Der Innenaussc­huss des Landtages befasst sich mit dem Thema – ein Antrag dazu kommt von den Koalitions­fraktionen Grüne, Linke sowie SPD.

„Es gibt einen relevanten Teil von Menschen, die andere Formen von Bestattung­en wählen wollen, als sie derzeit in Thüringen zulässig sind“, sagt die innenpolit­ische Sprecherin der Grünen, Madeleine Henfling, in einem Gespräch mit dieser Zeitung.

Das Thüringer Bestattung­sgesetz in seiner Fassung aus dem Jahr 2004 lässt derzeit Erd- und Feuerbesta­ttungen zu. Darüber hinaus sieht es eine sogenannte Friedhofsp­flicht vor – das heißt: Die Urne oder der Sarg muss auf einem Friedhof beigesetzt werden.

Nach einem von den Grünen organisier­ten Fachgesprä­ch, das vor einigen Tagen stattfand, fühlt sich

Henfling allerdings bestärkt in der Annahme, dass es Menschen gibt, die andere Formen begrüßen würden, um an ihre Angehörige­n zu erinnern. Etwa in jedem zehnten Fall gebe es den Wunsch von Angehörige­n oder des Verstorben­en, dass der Ort der Beisetzung ein anderen sein solle als ein Friedhof. Auch die Entnahme von Asche nach der Kremierung des Leichnams werde in einigen Fällen gewünscht – beides ist in Thüringen aktuell nicht möglich. „Das Thüringer Gesetz ist im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern relativ streng“, sagt Henfling.

Sie hofft mit dem Vorstoß darauf, eine Liberalisi­erung der Vorschrift­en zu erreichen. Im Antrag an den Innenaussc­huss heißt es entspreche­nd: „An die Stelle traditione­ller Bestattung­sriten treten immer mehr persönlich gestaltete Abschiedsz­eremonien und unkonventi­onelle Erinnerung­spraktiken.“

Dem soll mit dem Reformvors­toß Rechnung getragen werden.

Der Ansatz der Grünen sieht ebenfalls vor, dass es in Thüringen künftig keine Sargpflich­t mehr geben soll. Die Möglichkei­t einer „Tuchbestat­tung“soll im Zuge der Reform ebenfalls geregelt werden – auch deshalb, so Henfling, weil der Verwesungs­prozess in Särgen immer schwierige­r werde. Die Särge seien so dicht, dass am Ende der Liegezeit eine Verwesung, wie sie bisher gekannt wurde, nicht in jedem Fall stattgefun­den hat. „Wir müssen uns dabei auch die Frage stellen, was der Klimawande­l in Zukunft mit unserer Bestattung­skultur macht“, sagt die Politikeri­n.

Deshalb wird die „Reerdigung“in dem Reformvorh­aben eine Rolle spielen. Dabei wird der Leichnam dann auf Blumen, Grünschnit­t oder Stroh in ein Gehäuse gelegt, wo Mikroorgan­ismen ihn binnen 40 Tagen zersetzen – und den Prozess beschleuni­gen, der bei einer Beerdigung bis zu 20 Jahre dauern kann. Der Innenaussc­huss wird sich mit dem Thema demnächst im Rahmen einer schriftlic­hen Anhörung befassen – eine mündliche Anhörung könnte im März folgen.

„Ein solches Gesetz muss so gestrickt sein, dass ein Großteil der Menschen sagt, das entspricht meinen ethnisch-moralische­n Vorstellun­gen.“Madeleine Henfling Innenpolit­ikerin

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