Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Ohne Sarg in die Thüringer Erde
Grüne-Fraktion will Bestattungsrecht reformieren: Innenausschuss beschließt Anhörungen
In Thüringen wird eine Reform des Bestattungsgesetzes diskutiert. Der Innenausschuss des Landtages befasst sich mit dem Thema – ein Antrag dazu kommt von den Koalitionsfraktionen Grüne, Linke sowie SPD.
„Es gibt einen relevanten Teil von Menschen, die andere Formen von Bestattungen wählen wollen, als sie derzeit in Thüringen zulässig sind“, sagt die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Madeleine Henfling, in einem Gespräch mit dieser Zeitung.
Das Thüringer Bestattungsgesetz in seiner Fassung aus dem Jahr 2004 lässt derzeit Erd- und Feuerbestattungen zu. Darüber hinaus sieht es eine sogenannte Friedhofspflicht vor – das heißt: Die Urne oder der Sarg muss auf einem Friedhof beigesetzt werden.
Nach einem von den Grünen organisierten Fachgespräch, das vor einigen Tagen stattfand, fühlt sich
Henfling allerdings bestärkt in der Annahme, dass es Menschen gibt, die andere Formen begrüßen würden, um an ihre Angehörigen zu erinnern. Etwa in jedem zehnten Fall gebe es den Wunsch von Angehörigen oder des Verstorbenen, dass der Ort der Beisetzung ein anderen sein solle als ein Friedhof. Auch die Entnahme von Asche nach der Kremierung des Leichnams werde in einigen Fällen gewünscht – beides ist in Thüringen aktuell nicht möglich. „Das Thüringer Gesetz ist im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ streng“, sagt Henfling.
Sie hofft mit dem Vorstoß darauf, eine Liberalisierung der Vorschriften zu erreichen. Im Antrag an den Innenausschuss heißt es entsprechend: „An die Stelle traditioneller Bestattungsriten treten immer mehr persönlich gestaltete Abschiedszeremonien und unkonventionelle Erinnerungspraktiken.“
Dem soll mit dem Reformvorstoß Rechnung getragen werden.
Der Ansatz der Grünen sieht ebenfalls vor, dass es in Thüringen künftig keine Sargpflicht mehr geben soll. Die Möglichkeit einer „Tuchbestattung“soll im Zuge der Reform ebenfalls geregelt werden – auch deshalb, so Henfling, weil der Verwesungsprozess in Särgen immer schwieriger werde. Die Särge seien so dicht, dass am Ende der Liegezeit eine Verwesung, wie sie bisher gekannt wurde, nicht in jedem Fall stattgefunden hat. „Wir müssen uns dabei auch die Frage stellen, was der Klimawandel in Zukunft mit unserer Bestattungskultur macht“, sagt die Politikerin.
Deshalb wird die „Reerdigung“in dem Reformvorhaben eine Rolle spielen. Dabei wird der Leichnam dann auf Blumen, Grünschnitt oder Stroh in ein Gehäuse gelegt, wo Mikroorganismen ihn binnen 40 Tagen zersetzen – und den Prozess beschleunigen, der bei einer Beerdigung bis zu 20 Jahre dauern kann. Der Innenausschuss wird sich mit dem Thema demnächst im Rahmen einer schriftlichen Anhörung befassen – eine mündliche Anhörung könnte im März folgen.
„Ein solches Gesetz muss so gestrickt sein, dass ein Großteil der Menschen sagt, das entspricht meinen ethnisch-moralischen Vorstellungen.“Madeleine Henfling Innenpolitikerin