Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
CDU lässt Spitzengespräch platzen
Haushaltsverhandlungen: Linke, SPD und Grüne erbost über Termin-Absage der Opposition
Mario Voigt (CDU) gibt sich gelassen. Am Montag hatte er per SMS den Koalitionsfraktionen einen Korb für ein Spitzengespräch über den Haushalt 2023 gegeben – auf Anfrage sagt er: „Die Landesregierung muss nachsitzen.“
Was der Oppositionsführer meint, ist eine Reaktion auf Kritikpunkte der CDU am von der Landesregierung vorgelegten Haushaltsentwurf für das nächste Jahr. Solange diese nicht vorliege und schriftlich fixiert sei, sehe er keine Grundlage für weitere Gespräche.
Linke, SPD und Grüne machen ob solcher Äußerungen aus ihrem Groll auf die CDU keinen Hehl. Ihr Problem: Ohne vier Stimmen von den Christdemokraten werden sie keinen Haushalt verabschieden können. Linke-Fraktionschef Steffen Dittes schiebt die Verantwortung dennoch der größten Oppositionsfraktion zu. „Die Absage des vereinbarten Verhandlungstermins durch die CDU gefährdet eine Beschlussfassung rechtzeitig vor Beginn des Haushaltsjahres. Ohne einen beschlossenen Landeshaushalt verlieren Kommunen, Unternehmen und die Träger der sozialen Infrastruktur ihre Planungssicherheit, Investitionen können nicht begonnen werden. Dies wäre in der jetzigen Krisensituation unverantwortlich“, sagt er.
Sein SPD-Kollege Matthias Hey versucht sich in Diplomatie. Er bedauere, sagt er, die Absage des Gesprächstermins. „Jetzt kann ich nur hoffen, dass die Irritationen zwischen Landesregierung und CDU schnell geklärt werden und wir an den Verhandlungstisch zurückkehren können“, so Hey. „Wir müssen jetzt alle zusammen schnellstens in die Pötte kommen, andernfalls wird es mehr als eng mit einem Haushalt für 2023.“
Die Zeit drängt. Soll der Etat für das nächste Jahr pünktlich verabschiedet werden, ist in den nächsten Tagen eine Einigung nötig. Thomas Kemmerich, FDP-Gruppenchef im Landtag, sieht derweil keinen Grund zur Eile. Er hatte sich der Absage Voigts angeschlossen und kam ebenfalls nicht zum Spitzentreffen. „Selbstverständlich sind wir gern zu weiteren Gesprächen bereit, sofern Rot-Rot-Grün endlich einen eigenen, konstruktiven Kürzungsvorschlag vorlegt“, sagt er.
Astrid Rothe-Beinlich, die Fraktionschefin der Grünen, kann ihren Ärger derweil nicht verbergen. Der Haushalt, sagt sie, sei bereits im parlamentarischen Verfahren. Allerdings habe die Union nicht einen einzigen Änderungsvorschlag angebracht. „Wir kennen von der CDU nichts außer Allgemeinplätzen. Ich finde das mindestens irritierend“, sagt sie und regt sich darüber auf, dass das Agieren der CDU „ein Brüskieren des Parlaments sei, das es so noch nicht gegeben hat“.
Was die Union will, hat Voigt in einem Brief an den Ministerpräsidenten geschrieben. Darin beklagt er fehlende finanzpolitische Solidität mit dem geplanten Griff in die Rücklage, mangelnde Krisenvorsorge und eine unzureichende Unterstützung der kommunalen Familie.
Bis 1. Dezember müssen die Fraktionen zu einer Einigung kommen. Am Freitag haben Linke, SPD und Grüne erneut eingeladen. Voigt will diesen Termin aber nur dann wahrnehmen, wenn er von der Landesregierung schriftlich vorliegen hat, wie auf die Kritik der Union reagiert wird. Agiere sie wie bisher, sagt er, „dann sind sie es, die den Zeitplan reißen und nicht wir.“