Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Betrüger bieten fremdes Haus zum Kauf an

Dazu nutzen sie auch noch Fotos der Eigentümer­in aus dem Kreis Gotha. Laut Polizei nimmt Betrug im Internet zu

- Ralf Ehrlich (*) Name geändert

Entsetzt war Helga Vogel (*), als sie kürzlich ihr eigenes Haus in Ingerslebe­n auf einer Immobilien­plattform im Internet entdeckte. Für 350.000 Euro stand dort das „attraktive frei stehende Einfamilie­nhaus mit gepflegtem Garten“in der Florian-Geyer-Straße zum Verkauf und sollte sofort zu beziehen sein. Dabei hat Helga Vogel gar nicht die Absicht zu verkaufen. Das beworbene Haus ist vermietet und gerade gab es einen Mieterwech­sel. Die Eigentümer­in machte sich große Sorgen, ob die Verkaufsan­zeige die neuen Mieter verunsiche­rt und sie vielleicht jetzt abspringen.

Gesunder Menschenve­rstand ist in solchen Fällen auch wichtig. Dennis Bolduan, Polizist in Gotha

Die 27 Fotos und die Beschreibu­ng in der Anzeige im Internet stammten sogar von Helga Vogel selbst. Sie hatte einige Monate zuvor neue Mieter gesucht und ebenfalls auf der Plattform inseriert. Sofort beantragte Frau Vogel die Löschung der Anzeige und bat die neuen Mieter, zum Schein auf das Verkaufsan­gebot einzugehen. Sie wollte herausfind­en, was die Betrüger vorhaben. Außer einer Antwort, dass sich der vermeintli­che Eigentümer über den Kontakt freut, ist nichts passiert. Der Urheber der ge

fälschten Anzeige nennt sich David Renard und gibt sich als Pilot einer Fluggesell­schaft der Vereinigte­n Arabischen Emirate aus. Geldforder­ungen gab es noch nicht.

Günstiges Angebot sorgt für regen Besucherve­rkehr

In Ingerslebe­n sorgte die Anzeige für einen regen Besucherve­rkehr. „350.000 Euro sind viel zu wenig für das Haus. Klar, dass das vermeintli­che Angebot die Leute angelockt hat“, so Helga Vogel, die den Fall bei der Polizei zur Anzeige brachte.

Computerbe­trug und Fälschung beweiserhe­blicher Daten nennt Polizeiobe­rkommissar Dennis Bolduan die Delikte in diesem Fall. Der Mitarbeite­r der Landespoli­zeiinspekt­ion (LPI) Gotha sagt, dass ähnlich gelagerte Fälle im Raum Gotha und im gesamten Bereich der LPI in jüngster Zeit nicht bekannt geworden sind. Er rechnet aber mit einer hohen Dunkelziff­er, weil nicht jeder Fall zur Anzeige komme.

Zumeist gehe es den Tätern in solchen Fällen um Geldleistu­ngen, sie würden im Vorfeld Gebühren oder

eine Kaution verlangen. Es sei schwierig, die Täter in Fällen von Onlinekrim­inalität zu ermitteln. Der Polizeiobe­rkommissar rät, auf Internetpo­rtalen misstrauis­ch zu werden, wenn Angebote deutlich günstiger sind als sonst üblich. Weitere Hinweise können auch Widersprüc­he zwischen Text und Bild in den Anzeigen sein, wenn Daten nicht vollständi­g sind oder Informatio­nen zum Anbieter fehlen.

Mehr als aufmerksam sollte man sein, wenn Geld gefordert wird, ohne dass eine Leistung erfolgt. „Ge

sunder Menschenve­rstand ist in solchen Fällen auch wichtig“, so Bolduan weiter. Er rät im Verdachtsf­all, ein Bildschirm­foto zu machen und das Inserat über die Plattform zu melden. Eine Anzeige bei der Polizei empfehle sich, wenn bereits Geld geflossen ist. Oder man probiere, das Geld über die Bank wiederzube­kommen. Generell sei zu beobachten, dass sich das Kriminalit­ätsgescheh­en bei Betrug zunehmend ins Internet verlagere.

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RALF EHRLICH Unbekannte haben dieses Haus in Ingerslebe­n zum Verkauf im Internet angeboten, das ihnen gar nicht gehört.

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