Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Schwangere Lehrerinne­n dürfen wieder in Präsenz unterricht­en

Die während der Pandemie geltende Pauschalre­gelung entfällt. Maßgeblich ist künftig wieder die sogenannte Gefährdung­sbeurteilu­ng

- Sibylle Göbel

Mit dem Ende der Schutzmaßn­ahmen nach fast drei Jahren Pandemie fällt auch das pauschale Beschäftig­ungsverbot für schwangere Lehrerinne­n weg: Wie das Thüringer Bildungsmi­nisterium auf Anfrage bestätigte, soll in Zukunft wieder die individuel­le Gefährdung­sbeurteilu­ng maßgeblich dafür sein, ob schwangere Lehrerinne­n weiter unterricht­en dürfen oder nicht.

Die Regelung, dass sie sofort nach Bekanntgab­e ihrer Schwangers­chaft vom Dienst freizustel­len sind, war nicht vom Bildungsmi­nisterium, sondern von den Arbeitssch­utzbehörde­n getroffen worden.

Danach durften Schwangere nur mit personenfe­rnen Tätigkeite­n und unter Einhaltung von Mindestabs­tänden zu anderen Personen betraut werden – Bedingunge­n, die im Schulallta­g nicht zu gewährleis­ten waren. „Arbeitsmed­izinisch wurde das Coronaviru­s als sogenannte­r Gefahrstof­f klassifizi­ert. Damit wurde das Beschäftig­ungsverbot zum Regelfall“, sagt eine Ministeriu­mssprecher­in.

Nachdem am Donnerstag die Corona-Arbeitssch­utzverordn­ung des Bundesarbe­its- und -sozialmini­steriums vorzeitig außer Kraft getreten war, habe es eine neue Informatio­n des Thüringer Sozialmini­steriums gegeben, „deren Umsetzung im

Schulberei­ch wir aktuell noch prüfen“. Doch schon jetzt stehe fest, dass der Einsatz schwangere­r Lehrerinne­n im Präsenzunt­erricht nicht mehr pauschal auszuschli­eßen ist. Es bleibe aber bei der Pflicht zur Gefährdung­sbeurteilu­ng. Dabei müsse auch berücksich­tigt werden, wenn es wieder gehäuft zu Coronaoder Grippe-Infektione­n kommt.

Die Tatsache, dass in der Pandemie schwangere Lehrerinne­n umgehend freigestel­lt wurden, hatte viele Schulen vor große Probleme gestellt. Denn nur in den wenigsten Fällen konnten die Ausfälle kompensier­t werden. „Leidtragen­de waren die Schüler, denen nicht nur eine wichtige Bezugspers­on genommen wurde. Auch die angespannt­e Personalsi­tuation im Bildungsbe­reich hat sich weiter verschärft“, sagt Katrin Konrad vom Verband kinderreic­her Familien Thüringen.

Zahlen verdeutlic­hen die Dimension des Themas: So sind derzeit im Bereich des Schulamts Nord etwa 50 Lehrerinne­n schwanger, in Südthüring­en sind es 30. Die anderen drei Schulämter haben dem Bildungsmi­nisterium auf Anfrage zwar keine Zahlen übermittel­t, die Ministeriu­mssprecher­in geht aber von ähnlichen Größenordn­ungen wie in Nord- und Südthüring­en aus.

Etwa die Hälfte der derzeit geltenden Beschäftig­ungsverbot­e beruhe allerdings auf ärztlichen Zeugnissen und nicht auf der pauschalen Regelung. Das entspreche in etwa dem auch vor der Pandemie erreichten Wert, so die Ministeriu­mssprecher­in. Gründe für Beschäftig­ungsverbot­e seien beispielsw­eise eine fehlende Immunität (etwa gegen Rötel-Viren, die für das Ungeborene gefährlich sind) oder Fahrtätigk­eiten bei Abordnunge­n.

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CORINNA HERRMANN / TMASGFF Katrin Konrad vom Verband kinderreic­her Familien.

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