Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Werte zum Weglaufen

- Elmar.otto@funkemedie­n.de

Umfragen, das ist ein ungeschrie­benes Gesetz im politische­n Kosmos, sind nur relevant, wenn sie der jeweiligen Partei oder dem Kandidaten Rückenwind bescheren. Insofern dürften die Thüringer Sozialdemo­kraten mit großen leuchtende­n Augen zumindest auf ihr Wählerpote­nzial geschielt haben. Das sehen die Demoskopen beim freistaatl­ichen Landesverb­and nämlich nicht ansatzweis­e ausgeschöp­ft und beziffern es mit 31 Prozent. Konkret heißt das: Etwa ein Drittel der Wähler könnten sich vorstellen, bei der SPD ihr Kreuz zu machen, wissen es aber noch nicht genau. Diese Menschen gilt es zu überzeugen. Denn der Anteil derer, der sich sicher für die Genossen entscheide­n würde, liegt bei übersichtl­ichen 10 Prozent.

Der SPD-Landesvors­itzende Georg Maier hat also jede Menge zu tun. Glückliche­rweise kann der designiert­e Spitzenkan­didat auf einen vollkommen geschlosse­nen Landesverb­and setzen. Gerüchte, Geflüster oder Geläster, dass ihn das eine oder der andere Vorstandsm­itglied lieber in die Wüste als in den Wahlkampf schicken würde, entbehren natürlich jeder Grundlage.

Der beinahe an Euphorie grenzende Zuspruch spiegelt sich auch in Maiers persönlich­en Umfragewer­ten wider: 90 Prozent der Befragten…

Wobei, pardon, wir sind in der Zeile verrutscht.

Diesen Bekannthei­tswert schreiben die Meinungsfo­rscher dann doch dem linken Ministerpr­äsidenten zu: 90 Prozent kennen Bodo Ramelow. Bei einer zugegebene­rmaßen rein theoretisc­hen Direktwahl würden 41 Prozent für den Amtsinhabe­r votieren. Fragt man nur Linke-Wähler sind es sogar 86 Prozent.

Maier, immerhin seit Jahren Innenminis­ter, kennen 27 Prozent. Noch düsterer sähe es bei einer direkten Wahl aus. Lediglich ein Prozent aller Thüringer würden sich für ihn entscheide­n. Unter SPD-Wählern wäre es 5 Prozent.

Für einen echten Herausford­erer sind das Werte zum Weglaufen.

Vielleicht sollte Maier seine an dieser Stelle schon einmal aufgegriff­ene Überlegung ernsthaft in Erwägung ziehen. Im Herbst hatte er der „Zeit“anvertraut, dass er manchmal überlege, aus Thüringen oder ganz aus Deutschlan­d wegzugehen. Weil seine Frau die Sprache spreche, käme dabei Italien infrage.

Das Charmante an der Idee: Regierungs­chef Ramelow ist mit einer gebürtigen Italieneri­n verheirate­t und reist zum Familienbe­such regelmäßig nach Venedig. Da dürfte auf dem kleinen Dienstweg in Sachen Sprachförd­erung für den Kabinettsk­ollegen Maier einiges möglich sein.

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Elmar Otto über Sprachförd­erung für einen Außenseite­rkandidate­n

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