Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Geistreiches Irrlichtern
Torsten Sträter macht rund 2500 Zuschauer in der Jenaer Sparkassen-Arena glücklich
Jena. Erst mit über 40 stand Torsten Sträter 2007 erstmals auf der Bühne. Zunächst als Autor, bald als Poetry Slammer. Es war Dieter Nuhr, der ihm dann mit Gastauftritten half, das TV-Publikum zu erobern. Bald hatte er eigene Shows im WDR und auf 3sat. Während der CoronaPandemie konnte der Komiker aus NRW seine Popularität sogar noch ausbauen. Im März 2020 startete die ARD-Sendung „Sträter“. 2021 gewann er die erste Staffel des Comedy-Erfolgsformats „LOL: Last One Laughing“(„Der Letzte lacht“) von Streaming-Anbieter Amazon Prime Video. Darin versuchen sich Deutschlands bekannteste Comedians gegenseitig zum Lachen zu bringen, ohne selbst auch nur ansatzweise schmunzeln zu dürfen.
Aktuell hat Torsten Sträter einen beeindruckend vollen Tourplan. Allein in Thüringen ist er bis Mai viermal zu erleben. Den Anfang machte am Donnerstagabend sein Auftritt in der Sparkassen-Arena Jena. Am 17. Februar wird er den Faustorden des Handwerker-Carnevalsvereins Weimar entgegennehmen. Im März und Mai folgen noch Shows in Gera und Erfurt.
In Jena präsentierte der Comedian sein Programm „Schnee, der auf Ceran fällt“, eine Show, die bereits im Herbst 2019 Premiere hatte, nun aber erst nachgeholt werden konnte. Vom ursprünglichen Programm scheint nicht viel übrig zu sein, zumindest suggeriert das Torsten Sträter während des ausgelassenen Abends. Geschichten über seinen Vater habe er weitgehend rausgeschmissen, weil das Programm zu vaterlastig geraten war. Den Sohn habe Sträter auf dessen Wunsch hin gestrichen, weil er ihn so schlecht auf der Bühne imitiere. Und Storys über seine Mutter folgen erst in der nächsten Show.
Unberechenbar, geistreich und nie ohne Kaffeepott
Ganz abgesehen davon, dass er in Jena natürlich wunderbare Familiengeschichten zu erzählen wusste, streute der 56-Jährige auch neue Corona-Geschichten ein, etwa aus der Zeit seiner Autokino-Auftritte. Drei Stunden zelebriert er seine grandiose Kunst des Abschweifens. Ein Höhepunkt ist die Versicherungsstory, in der der überversicherte Sträter den Kampf gegen seine zwei Rechtsschutzversicherungen aufnimmt, weil diese sich nicht schnell genug kündigen lassen. Seine Idee: Er will mit finanzieller Hilfe der einen Versicherung
die andere verklagen. Nebenbei erfährt man Details aus seinen erfolglosen Versuchen, Steuerbelege zu sammeln, die im Auto vor sich hin keimen: „Ein Menschenjahr sind sieben Belegjahre“, sagt er. Letztlich lässt sich allerdings keine der Versicherungen auf den Rechtsstreit ein, woraufhin er eine dritte Rechtsschutzversicherung abschließt…
Es ist, als ob der Filmfan Sträter seine Bühnengeschichten wie Hollywoodregisseur Christopher Nolan baut: Wie beim Starfilmemacher laufen mehrere Handlungen parallel ab, dass man den Überblick verliert. Manchmal reicht es da schon, dass Sträter einen längst
vergessenen Erzählstrang wieder aufnimmt, und 2500 Zuschauer johlen in Jena vor Vergnügen. Dieses humoristische Irrlichtern, seine wohlgeformten Kurzgeschichten und sein noch an Poetry-Slam erinnernder Tonfall machen Sträter zu einem der unberechenbarsten, geistreichsten und komischsten Bühnenhumoristen in Deutschland. Da braucht es nicht mehr als seine Mütze, einen Stehtisch nebst Barhocker und eine Tasse Kaffee.
Das Jenaer Trinkgefäß mit dem kitschigem Katzenmotiv, das verrät der gebürtige Dortmunder im Gespräch vor der Show, habe er vorab beim Discounter im Burgaupark gekauft. Seine eigentliche Tasse hatte
er vergessen. Aber er lege sowieso keinen Wert darauf, mit einem bestimmten Pott vors Publikum zu treten. Hauptsache es passe genug Kaffee rein. Die Tasse, regt Torsten Sträter bei der kurzen Zigarettenpause nach der Show an, solle der nette junge Security-Mann bekommen. Dann drückt er die Zigarette aus und macht sich auf den kurzen Weg zu seinen Fans, die auf Autogramme und Handyfotos hoffen.
Weitere Thüringer Termine: Freitag,
17. Februar: Verleihung des Faustordens, Weimarhalle, Weimar; Dienstag,
14. März, Kultur- und Kongresszentrum Gera, und Montag, 1. Mai, Messehalle Erfurt: „Schnee, der auf Ceran fällt“