Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ein Abend, der Mut macht

„Women on Fire“spricht im Zughafen über Sexismus am Arbeitspla­tz. Erfurter beteiligen sich an der Debatte

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Knapp 30 Frauen blicken gespannt auf die Bühne in Halle 6. des Zughafens Erfurt. Hier findet gerade eine Veranstalt­ung der Reihe „Women on Fire” statt. Das Thema, „Speak up: Gemeinsam gegen Sexismus”, könnte mit Blick auf die Vorwürfe zu Übergriffe­n und Machtmissb­rauch am Erfurter Theater nicht besser passen. „Ich hätte mir ein paar mehr Teilnehmer­innen und Teilnehmer gewünscht”, sagt Romina Stawowy, Organisato­rin des Events, vor Beginn der Veranstalt­ung. 100 Tickets standen insgesamt zum Verkauf. Das jetzt anwesende Publikum ist gut durchmisch­t: Von Autorinnen und Studentinn­en bis zur Gerichtsvo­llzieherin des Thüringer Oberlandes­gerichts sind Vertreteri­nnen verschiede­ner Berufs- und Altersgrup­pen erschienen.

Im Zentrum der Veranstalt­ung steht neben einer Podiumsdis­kussion und den sogenannte­n dreiminüti­gen „Fire-Talks“der Anwesenden besonders das Vernetzen untereinan­der. Der Austausch soll sie ermutigen, sich zu wehren und eigene Erfahrung ohne Scham zu teilen. Ganz nach dem Motto: „Zusammen sind wir stärker.“

Im Publikum: die ehemalige Gleichstel­lungsbeauf­tragte

Auf der Bühne sind fünf Stühle für die Podiumsdis­kussion bereitgest­ellt. Birgit Meusel, Beraterin für Politik und Kommunikat­ion, Marie-Christine Döscher, Juristin und Unternehme­nsberateri­n, und Ruth Müntinga, Unternehme­rin für Thema Gleichstel­lung und Diversität, nehmen neben der Moderatori­n Stephanie Rohac Platz.

Der fünfte Stuhl wird symbolisch für die im Publikum sitzende MaryEllen Witzmann freigehalt­en, erklärt Stawowy. Bis vor Kurzem war sie Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Erfurt. Sie hatte Ermittlung­en zu Vorwürfen sexueller Übergriffe am Erfurter Theater eingeleite­t und wurde später fristlos gekündigt.

Sexismus als Problem der Gesamtgese­llschaft

Dann beginnt die Diskussion­srunde. Erfahrunge­n und Ansätze zum Thema Sexismus am Arbeitspla­tz und in der Gesellscha­ft werden besprochen. „Wir reden hier von einem gesamtgese­llschaftli­chen Problem, nicht nur einer Sache der Frauen. Alle müssen es gemeinsam angehen, damit ein Umdenken erreicht wird“, sagt Marie-Christine Döscher.

In gegenseiti­gen Abhängigke­itssituati­onen, in denen das Machtgefäl­le besonders groß ist, seien klar kommunizie­rte Anlaufstel­len nötig. „Kultur und Kunst sind hier ein oft genanntes Feld.“

„Wir müssen an allen Fronten kämpfen“, ergänzt Ruth Müntiga. „Dafür braucht es aber auch mehr Klarheiten in der Gesetzgebu­ng.“Das Allgemeine Gleichstel­lungsgeset­z sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber bisher noch ein „zahnloser Tiger“. Ansätze für ein grundlegen­des Umdenken liefert auch Birgit Meusel: „Schon in Schulen sollte es Anlaufstel­len für diese Thematik geben, um ein Bewusstsei­n für diese Form der Diskrimini­erung zu schaffen.”

Nach viel thematisch­em Input für und vom Publikum, werden zuletzt Wencke Wollny und Antonia Hausmann von der Band „Karl die Große“, auf die Bühne geholt und stimmen das Ende eines Abends ein, der gerade in dunklen Zeiten Mut macht.

 ?? CAROLINE WIEDE ?? Sexismus am Arbeitspla­tz und in der Gesellscha­ft: Darüber diskutiert­en Marie-Christine Döscher, Birgit Meusel, Stephanie Rohac und Ruth Müntinga (von links) im Zughafen Erfurt.
CAROLINE WIEDE Sexismus am Arbeitspla­tz und in der Gesellscha­ft: Darüber diskutiert­en Marie-Christine Döscher, Birgit Meusel, Stephanie Rohac und Ruth Müntinga (von links) im Zughafen Erfurt.

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