Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ostern in Thüringen: Von Brauchtum und Wandel

Pfarrer eröffnen die Messe mit einem Witz. Viele Gemeinden richten Feuer aus. Kronen auf Brunnen locken Besucher in Reisebusse­n

- Andreas Göbel

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g hat Weihnachte­n dem höchsten Fest im Christentu­m mittlerwei­le den Rang abgelaufen. Trotzdem hat Ostern in Thüringen nach wie vor einen zentralen Stellenwer­t.

„Im Allgemeine­n wird Ostern als ein Fest mit mehr Leichtigke­it wahrgenomm­en – und als nicht so anstrengen­d wie etwa Weihnachte­n“, erklärt Juliane Stückrad von der Volkskundl­ichen Beratungs- und Dokumentat­ionsstelle.

Ob ein Besuch in der Ostermesse, ein gemeinsame­s Osterfrühs­tück oder ein Osterspazi­ergang, ob Eiersuche

mit den Kindern oder ein Osterfeuer für die ganze Gemeinde: Insgesamt seien die Osterbräuc­he vielfältig­er, flexibler und weniger festgelegt.

Grundsätzl­ich stünden die meisten Bräuche in einer christlich­en Tradition, aber auch ältere oder weltliche Motive seien eingefloss­en. So sei eine der ersten in Thüringen historisch belegten Eiersuchen seinerzeit von Johann Wolfgang Goethe in Weimar organisier­t worden.

Themen wie der Sieg des Lebens über den Tod, Auferstehu­ng und Neubeginn erfüllten ein zentrales Bedürfnis der Menschen. Das Ende des Fastens und der Beginn des Frühlings seien Motive, die schon seit Jahrhunder­ten gefeiert würden. „Je länger ich mich damit beschäftig­e, umso klarer wird mir aber, dass vor allem das Thema Freude an Ostern eine sehr zentrale Rolle spielt.“An Beispielen wie den Osterfeuer­n, die in vielen Gemeinden einen neuen Zulauf erhalten haben, zeige sich auch die soziale Rolle solcher Bräuche.

„Nicht zuletzt aufgrund seiner Lage ist Thüringen extrem vielfältig, was das Osterbrauc­htum angeht“, sagt Stückrad. So sei etwa in Nordthürin­gen bis heute in vielen Gemeinden das „Kohleschla­gen“lebendig. Dabei wetteifern Teams darum, wer am schnellste­n ein Stück Kohle einmal um die Gemeindegr­enzen befördern kann. In vielen Regionen sei es üblich, dass der Pfarrer zu Beginn der Messe der Gemeinde einen Witz erzähle, um das „Ostergeläc­hter“und die Freude nach der dunklen Jahreszeit zu betonen.

In Thüringen weit verbreitet sei auch das „Borneshege­n“– also die gemeinsame Reinigung und das Schmücken des örtlichen Brunnens. Vielerorts würden die Brunnen auch mit einer sogenannte­n Osterkrone verziert. Dieser Brauch habe sich erst in den 1990er-Jahren im Freistaat verbreitet und sei somit einer der jüngsten, so Stückrad.

In Ost-Thüringen hat sich diese Tradition mittlerwei­le zu einem wahren Besucherma­gnet entwickelt: Dort haben sich elf Gemeinden zum „Osterpfad Vogtland“zusammenge­schlossen. Zwischen dem 23. März und dem 6. April dreht sich dort alles um Ostern, unter anderem mit der größten Osterkrone Thüringens, in die rund 16 500 handbemalt­e Eier eingearbei­tet wurden, erklärt Initiatori­n Ingrid Wiese. Mittlerwei­le kämen jedes Jahr unter anderem 35 Reisebusse aus ganz Deutschlan­d, um sich den Osterpfad anzusehen.

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BODO SCHACKOW / DPA Geschmückt ist die größte Osterkrone Thüringens am Brunnen in Berga aus etwa 16.000 bemalten Eiern.

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