Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Türme, Rampen, Radfahrer auf dem Domplatz
Zweiradakrobaten,regionale Händler, Influencer und Slopestyler feiern am letzten April-Wochenende die neue Saison
„Ich setze mich drauf und dann ist mir erstmal alles egal.“Michael Riekeberg zeigt auf sein Fahrrad und schmunzelt. Er ist Slopestyler, kann also mit dem Rad extreme und spektakuläre Kunststücke, nahezu Stunts, vollführen. „Und wenn ich wieder absteige, kann ich immer noch nachdenken.“
Das Radfahren sei kein Hobby, meint er, sondern Teil seines Lebens. „Alles, was in meinem Leben geschehen ist, hat mit dem Rad zu tun.“Erst im Oktober war er beim Extremsport-Event „Go Big Or Go Home“in der Erfurter Messehalle zu erleben.
Am letzten April-Wochenende (20./21. April) bekommt erneut das Rad auf dem Erfurter Domplatz eine besondere Aufmerksamkeit. Schließlich findet dort nicht nur der alljährliche Autofrühling statt, sondern auch der 16. Fahrradfrühling. „Und dieses Mal ganz schön groß“, betont Dirk Büschke. Der Radbeauftragte der Stadt und Michael Riekeberg planen das Ereignis seit Wochen.
Es gibt viele Neuerungen. Geplant sind zwei Türme, ein großer für die Profis und ein kleiner für diejenigen, die sich ausprobieren möchten. Von dem Turm geht es hinab zum Schwung holen, dann hinauf auf eine 2,80 Meter hohe Rampe
und von dort zur Landung auf ein großes Luftkissen. „Es ist wichtig, dass die Kinder, die den Turm nutzen wollen, eine Einverständniserklärung der Eltern abgeben. Diese liegt bei uns aus und kann vor Ort unterzeichnet werden“, sagt Michael Riekeberg.
Erst ist Wochenmarkt, dann kommen die Drahtesel
Außerdem werden ein Pumptrack, also eine spezielle, künstlich angelegte Mountainbikestrecke, und eine Trial Area, eine Probestrecke, aufgebaut. „600 Quadratmeter Händlerfläche sind ebenfalls Teil des Fahrradfrühlings“, sagt Dirk Büschke. Vor allem regionale Anbieter seien anwesend und Institutionen aus der Stadt. Der Aufbau beginnt am Freitag, richtig los geht es am Samstag, wenn der Wochenmarkt beendet und abgebaut ist. Zudem können Räder codiert werden oder der Frühjahrscheck für den geliebten Drahtesel erfolgen. Auch eine Radtour wird von der Naturfreundejugend organisiert.
Die Kooperation zwischen Stadt, den Radsportlern und Vereinen im Vorfeld des Fahrradfrühlings sei gut, betont Michael Riekeberg. Er engagiert sich schon länger für die Belange der Radfahrer. So baut er seit einem Jahr Trails im Tannenwäldchen. Neben dem Rundkurs sind drei Strecken konzipiert.
„Erst gestern waren wir wieder 15 Leute, die mit angepackt haben. Unser Ziel ist, dass im Mai alle Strecken befahrbar sind“, verkündet er. Diese sind von der Naturfreundejugend
gepachtet, sprich, dafür wird Pacht gezahlt. Hannes Mackowiak von der Naturfreundejugend, wo sich die MTB-Fans mit organisiert haben, und Chris Freise, der Leiter des Forstamtes Erfurt-Willrode haben ausgehandelt, unter welchen Bedingungen Mountainbike-Strecken in dem Waldstück unterhalb der früheren Steigerkaserne angelegt und genutzt werden können. Doch zurück zum Domplatz, wo der Slopestyler vor den Domstufen steht. Er blickt in Richtung des Kettenkarussells in 80 Metern Höhe. Ob er damit fahren würde, will ich wissen. Das sei nicht so seins, antwortet er. Der 30-Jährige erzählt ein bisschen aus seinem Leben: Geboren in Gotha, gelernter Metallbauer, danach in verschiedenen Branchen gearbeitet, auch im Ausland. Seit zwar Jahren lebt er in Erfurt und baut Sprinter zu Campern aus. Rumfrimeln, handwerken, am Auto und Rad schrauben, das sei genau seins. Und am besten täglich aufs Rad. Die Natur vor der Haustür, der perfekte Ort zum Abschalten auf dem Rad. Auf der Landstraße fahren? Bloß nicht.
„Früher habe ich Fußball gespielt, da sagte mir mein Trainer, was ich tun soll. Aber ich bin eine Individualperson, ich entscheide, was ich mache. Also wählte ich den Sport, der mir gut tut“, erzählt er. An seiner Seite übrigens wird am Sonntag ein bekannter Influencer sein: Der professionelle Freeride-Mountainbiker Lukas Knopf, der fast eine halbe Million Follower bei Youtube und 354.000 bei Instagram hat, zeigt ebenso sein Können wie Michael Riekeberg. „Und viele weitere Verrückte sind dabei.“