Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Döner zum Aufbacken

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In dieser Woche wurde mal wieder über „Leidkultur“diskutiert. Pardon. „Leitkultur“muss es natürlich heißen. Auch wenn man darunter auch leiden oder das Ganze leid sein kann. Aber sei es drum.

Bei „Hart aber fair“, wo die leidige Leitkultur am Montag ein Thema war, ging es bisweilen verbal hart, aber ebenso fair zur Sache. Einer der Gäste war Thüringens CDULandesu­nd Fraktionsc­hef Mario Voigt. Der Spitzenkan­didat seiner Partei will Ministerpr­äsident werden. Doch Voigt hat mindestens zwei Probleme: Mit seinem Namen können noch zu wenige Thüringer etwas anfangen. Und weil dem so ist, verbinden sie keine besonders überzeugen­den Inhalte mit ihm.

Um beides zu ändern, hat Voigt jüngst seinen größten Konkurrent­en, AfD-Rechtsauße­n Björn Höcke, versucht inhaltlich zu stellen. Die Kritiken fielen unterschie­dlich aus. Von „Der Nazi wurde demaskiert“bis zu „Mit einem Nazi spricht man nicht“war alles dabei.

Ob das reicht, um Regierungs­chef zu werden, bleibt abzuwarten. Momentan liegt die AfD in den Umfragen weiter deutlich vor der CDU. Aber seine Bekannthei­t hat Voigt auf alle Fälle gesteigert. Was sich daran zeigt, dass er öfter in Talkshows sitzt.

In der ARD-Sendung sollte Voigt nun den Begriff „Leitkultur“, der es wieder in den Entwurf des CDUGrundsa­tzprogramm­s geschafft hat, erklären.

Es sei eine Einladung für all diejenigen, die nach Deutschlan­d kommen, sagte Voigt, und als Maßstab gedacht, „was hier gilt“. Das sei nicht nur Verfassung­spatriotis­mus, sondern auch deutsche Kultur und Tradition. „Dass man ein Lied, ein Gedicht oder die Nationalhy­mne kann.“So weit, so nachvollzi­ehbar.

Aber der Moderator hakte nach und wollte wissen, was genau unter „Bräuchen“zu verstehen sei, ohne die laut CDU-Programm eine Leitkultur nicht gelingen kann.

Nun gab der Unionsmann eine verblüffen­de Antwort. Über Dichter, Denker und Bratwurst kam er zur Erfolgsges­chichte eines Migranten. „Heute war ich bei einem Türken, der in Thüringen lebt. Der hat gerade als Weltpatent einen Döner zum Aufbacken entwickelt. Tutti completti in zehn Minuten. Das ist quasi gelebte Integratio­n“, schwärmte der 47-Jährige. Gemacht werde die gefüllte Teigtasche mit „original importiert­em Dönerfleis­ch aus Polen“.

Abseits dieser kulinarisc­hen Kuriosität machte Voigt in der Runde keine schlechte Figur. Vom Krawattenk­noten einmal abgesehen, der mehr an den verunglück­ten Palstek eines Segelnoviz­en erinnerte.

Aber auch daran lässt sich ja arbeiten.

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Elmar Otto über interessan­te Einblicke in deutsche Leitkultur

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