Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Heilende Hände für die „Hand Gottes“
Die Physiotherapeutin und Trainerfrau Marie Bienek ist bei den Thuringia Bulls nicht wegzudenken
Die Erfolgsgeschichte der RSB Thuringia Bulls, die 2016 mit dem ersten deutschen Meistertitel ihren Lauf nahm, ist auch eng mit dem Namen Marie Bienek verbunden. 2017 begann sie, damals noch unter ihrem Mädchennamen Fieback, als Physiotherapeutin bei den Elxlebener Rollstuhlbasketballern. Und half während der Ära unter Cheftrainer Michael Engel mit, dass das Team fünf weitere Meistertitel sowie zweimal den Sieg im europäischen Champions Cup errang. „Marie ist ein Geschenk, mit ihrem ganzheitlichen Ansatz ein enorm wichtiges Puzzleteil für den Erfolg des Teams“, lobte Engel, dessen körperlich intensiver, weil schneller und aggressiver Stil, Rollstuhlbasketball spielen zu lassen, stets große Fitness erforderte.
Nicht nur ihr berufliches, auch ihr privates Glück vervollständigte sich für die 28-Jährige durch ihre Tätigkeit bei den Bulls. Hier lernte sie André Bienek, viele Jahre Spieler und seit dieser Saison Nachfolger von Engel als Cheftrainer, kennen und lieben. 2020 heirateten die beiden, bald darauf kam ihr Sohn Matteo zur Welt. Die junge Familie lebt wie fast alle Bulls-Spieler in Erfurt, in der Physiotherapie im Rieth, wo Marie Bienek angestellt ist, sind die Spieler regelmäßig zur Behandlung, an den Spieltagen und mitunter beim Training ist sie wiederum beim Team. „Wobei die Spieler nach dem Spiel eigentlich gern ihre
Ruhe haben. Aber vor dem Spiel haben sie sehr individuelle Bedürfnisse“, erklärte die sympathische Frau.
Sorgenkind aus medizinischer Sicht war in den letzten Wochen der Topspieler der Bulls, Alex Halouski. Eine kleine Fraktur am Handgelenk seiner rechten Wurfhand ist zwar ausgeheilt, bereitet dem wurfstarken Center aber noch immer Schmerzen. Auch beim Final-Four im Champions Cup im spanischen Albacete behandelte Bienek die
„Hand Gottes“, die für den Erfolg der Bulls ähnlich wichtig ist wie einst Maradonas Fuß (und einmal auch die berühmte Hand) für Argentiniens Fußballer, intensiv.
In enger Zusammenarbeit mit Conny Sakriß, Teamärztin der Basketball-Löwen Erfurt und seit dieser Saison auch der Thuringia Bulls, kümmerte sie sich in den letzten Monaten zudem um einen weiteren Problemfall, der im ChampionsCup-Halbfinale gegen Lahn-Dill endlich im Bulls-Trikot debütierte: Driss Saaid. Der italienische Nationalspieler war vor der Saison als Ersatz für Karlis Podnieks geholt worden, der inzwischen zum Team zurückgekehrt ist, weil Saaid so lange ausgefallen war. Er laborierte etwa ein Dreivierteljahr an einem komplizierten Bruch des Handwurzelknochens. „Seit Februar sind wir mit ihm im Aufbau, haben viel an der Beweglichkeit und Griffkraft der Hand gearbeitet“, sagte Bienek.
Ausgerechnet ihr Mann will sich nicht von ihr behandeln lassen
Während eines Turniers wie in Albacete steht sie rund um die Uhr bereit, behandelt Belastungserscheinungen in den Beinen nach der langen Anreise, kleine Wehwehchen oder dehnt die Muskeln – und achtet darauf, dass die Spieler das gewünschte Equipment zur Erwärmung vor und während eines Spiels parat haben. „So ein Turnier ist schon etwas stressiger als der Alltag, macht aber auch Spaß“, sagte die junge Mutter, die den Sohnemann während des viertägigen Ausflugs in die Obhut ihrer Mutter und der Schwiegereltern gegeben hatte.
Der Einzige, der sich scheut, sich von ihr behandeln zu lassen, ist ausgerechnet ihr Ehemann. Warum er ein „Physio-Muffel“ist? „Das klären wir daheim unter vier Augen“, scherzte André Bienek.
Sollten die Bulls zum siebten Mal Deutscher Meister werden, hätte nicht nur er, sondern auch seine Frau einen großen Anteil daran.