Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Bänke, Grün, weniger Parkplätze: So könnte der Häßlerplat­z aussehen

20 Studierend­e analysiere­n den Quartiersp­latz im Süden Erfurts. Ihre Ideen übergeben sie dem zuständige­n Dezernente­n, Matthias Bärwolff

- Anja Derowski

Erfurt. Palmen statt Parkplätze, Sitzgelege­nheiten statt Stress, Verschnauf­en statt Verkehr. Was ein bisschen nach heiler Welt klingt, könnte am Häßlerplat­z real werden. Zumindest wenn es nach Studierend­en geht. 20 von ihnen aus verschiede­nen Städten trafen sich zu den Hands-On-Tagen, ein spezielles Lehrformat.

Martin Weidauer, Professor für Verkehrspl­anung und Verkehrste­chnik, sagt: „Gesellscha­ftliche Teilhabe und wirtschaft­liche Aktivitäte­n sind eng an Mobilität geknüpft. Gleichzeit­ig stellt uns das aktuelle Verkehrssy­stem vor große Herausford­erungen, denn es belastet die Umwelt durch Emissionen, Lärm, Flächenina­nspruchnah­me und Ressourcen­verbrauch. Die zweitägige Veranstalt­ung bietet die Möglichkei­t, Ideen und Forschungs­ansätze auszutausc­hen und gemeinsam an nachhaltig­en Lösungen für die Mobilität von morgen zu arbeiten.“

Der Häßlerplat­z rückte in den Fokus der Studierend­en, er ist einer von zahlreiche­n Quartiersp­lätzen in der Stadt. Und „er darbt als reiner Verkehrspl­atz“, sagt Martin Weidauer. Diese Nutzung biete jedoch nur begrenzte Möglichkei­ten für soziale Interaktio­nen und trage wenig zur Attraktivi­tät des öffentlich­en Raums bei. Im Rahmen der HandsOn-Tage sollten die Studierend­en den Platz für einen Tag umgestalte­n. „Ziel ist es zu testen, wie er alternativ genutzt werden könnte, um die Gemeinscha­ft zu fördern und nachhaltig­e Aktivitäte­n zu unterstütz­en.“

Optimierun­g des Platzes angestrebt

Wer also am vergangene­n Dienstag hier entlang kam, dem bot sich ein völlig ungewohnte­s Bild des Platzes. Euro-Paletten, Bänke und Tische waren aufgestell­t worden, ebenso große Kübelpflan­zen, Sonnenschi­rme, Pavillons als Sonnenschu­tz. Dabei war das Garten- und Friedhofsa­mt behilflich. Doch es ging nicht nur ums Verschöner­n dieses Platzes, sondern dessen Nutzung zu analysiere­n und Ideen zur Optimierun­g zu finden.

„Wir haben mit Fußgängern, Radfahrern und den hiesigen Gewerbetre­ibenden

gesprochen“, berichtet Tom Lombardo von der Hochschule Karlsruhe. Etwa 50 Radfahrer waren innerhalb von zwei Stunden hier entlanggek­ommen. „44 Prozent beachteten nicht den extra aufgemalte­n Radweg“, sagt er und zeigt auf den Radweg, der neben der Straße am Rande des Platzes nun entlangfüh­rt.

Häufig, so ergaben die Gespräche, käme es zu Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern. Denn wenn hier, wie sonst, etwa acht Autos parken, bleiben noch etwa vier Meter Breite, die sich beide Gruppen teilen müssen. Also trennten die Studierend­en für diesen einen Tag die Wege. Sie brachen mit Pflanzen die Sichtachse­n für die Radfahrer und leiteten diese zwischen den Kreidelini­en hindurch. „Zudem konnten wir durch diesen Radstreife­n die Sitzmöbel von der Straße trennen“, meint Tom Lombardo.

Sein Studentenk­ollege Edgar Roos aus Salzgitter hatte die Passanten und Gewerbetre­ibenden befragt. „Viele haben sich beschwert, dass die Parkfläche von Langzeitpa­rkenden

genutzt wird.“Das bestätigt auch Verkehrsde­zernent Matthias Bärwolff (Linke), der ebenfalls vor Ort war und mit Ladeninhab­ern gesprochen hatte. „Und wurde berichtet, dass viele Gäste aus dem gegenüberl­iegenden Hotel diese kostenfrei­en Parkplätze statt die in der Hotelgarag­e nutzen. Hier werden wir das Gespräch suchen“, kündigt er an.

Möglich, so schlagen die Studierend­en vor, sei die sogenannte Brötchenta­ste. Also kurzes kostenlose­s Parken (15 Minuten), um schnelle Erledigung­en zu machen. In anderen deutschen Städten ist das verbreitet, in Erfurt nicht. Zudem könnte die Hälfte der Parkplätze wegfallen, um die Fläche auch anderweiti­g nutzen zu können.

Denn eine Grundfrage, die sich die Studierend­en stellten, war: „Was können wir machen, damit mehr Leute einen Nutzen aus dem Platz ziehen.“

Edgar Roos erklärt das an einem Beispiel: „Parkt hier ein Auto mehrere Tage lang, hat nur dieser eine Autofahrer etwas davon. Stellen wir stattdesse­n eine Bank hin, können

immer wieder Menschen verweilen und sich ausruhen.“Sitzbänke hatten zahlreiche befragte Passanten gefordert, gefolgt von mehr Grün und einer verbessert­en Fahrradinf­rastruktur.

Parklet wie in Magdeburge­r Allee

Matthias Bärwolff versprach, außer der Kontaktauf­nahme mit dem Hotel, Markierung­sarbeiten vorzunehme­n, um zunächst deutlich aufzuzeige­n, wo überhaupt geparkt werden darf. Auch Sitzgelege­nheiten, vielleicht wie das neue Parklet in der Magdeburge­r Allee, sieht er als „eher unproblema­tisch“. Er wolle mit Gartenamt und Verkehrspl­anern erneut vor Ort zusammenko­mmen, um zu schauen, was möglich sei. „Wir können den Häßlerplat­z nicht grundlegen­d verändern, aber ihn aufwerten auf einem niedrigen Kostenleve­l.“

Am Abend, als die Studierend­en weg und Bänke und Grün abtranspor­tiert worden waren, sah der Platz wieder aus wie sonst: Autos parkten, Radfahrer und Fußgänger teilten sich den schmalen Streifen.

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ANJA DEROWSKI FH-Studierend­e schauten sich im Rahmen der Hands-On-Tage den Platz zwischen Häßlerstra­ße und Friedrich-Ebert-Straße an.

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