Thüringische Landeszeitung (Gera)

Milliarden fürs Internet

Wirtschaft­sminister Gabriel legt Programm für Digitalisi­erung vor

- VON WOLFGANG MULKE

BERLIN. Mit einem Aktionspro­gramm will Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) die Digitalisi­erung besonders der mittelstän­dischen Wirtschaft in Deutschlan­d vorantreib­en. Auf der Wunschlist­e, die sein Staatssekr­etär Rainer Sontowski auf einer Fachtagung in Berlin vorstellte, finden sich eine Reihe ehrgeizige­r Vorhaben, die noch vor der Bundestags­wahl im nächsten Herbst umgesetzt werden sollen.

Neben vielen wohl nur Fachleuten verständli­chen Förderunge­n für eine vernetzte Wirtschaft fasst der Programm auch die Infrastruk­tur ins Auge. Gabriel fordert einen „Zukunftsin­vestitions­fonds“mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro. Mit dem Geld soll das schnelle Internet in ländlichen Regionen ausgebaut werden, in denen sich die Erschließu­ng mit Breitbandn­etzen für die Telekommun­ikationsfi­rmen nicht lohnt.

Woher das Geld kommen könnte, wissen die Beamten auch schon. „Als Finanzieru­ngsquelle kommen beispielsw­eise die Erlöse der nächsten Frequenzve­rsteigerun­g infrage“, schreiben sie. Dabei handelt es sich um Mobilfunkf­requenzen für das neue superschne­lle 5GNetz.

Auch Selbststän­digen, Lehrern oder anderen, die ihre Arbeitsmat­erialien selbst bezahlen müssen, stellt das zwölf Punkte umfassende Programm Verbesseru­ngen in Aussicht. „Im privaten Bereich setzen wir uns für eine Vereinheit­lichung und Verkürzung der Abschreibu­ngsfristen für Hard- und Software auf maximal drei Jahre ein“, heißt es in der Vorlage. Dies solle auch andere digitale Geräte umfassen. Die Besitzer würden in diesem Falle Steuern sparen. Auch will das Ministeriu­m die Kostengren­ze für so genannte „geringwert­ige Wirtschaft­sgüter“heraufsetz­en, was Firmen und Selbststän­dige ebenfalls entlasten würde. Solche Geräte lassen sich im Jahr der Anschaffun­g komplett abschreibe­n und steuerlich geltend machen. Zudem will Gabriel Dienstleis­tungen weiter deregulier­en. „Das in Teilen überholte Personenbe­förderungs­recht“solle modernisie­rt und an technische Entwicklun­gen angepasst werden. So will das Ministeriu­m die Ortskenntn­isprüfung für Taxifahrer abschaffen. Durch Navigation­sgeräte in den Fahrzeugen müssen die Fahrer ja selbst nicht mehr jeden Straßenzug kennen. Inwieweit der Markt für Anbieter neuer Mobilitäts­dienste wie Mitfahrang­ebote oder Fahrtenver­mittler geöffnet werden soll, erschließt sich aus dem Programm nicht ganz.

Hier ist von einer „Anhebung der Schwellenw­erte für private Mitfahrten“die Rede. Vor allem der Fahrtenver­mittler Uber aus den USA drängt auf den deutschen markt, scheiterte aber bisher am deutschen Recht und kämpft mit Widerstand der Taxibranch­e.

Inwieweit das Aktionspro­gramm auch von der ganzen Regierung getragen wird, ist offen. So fällt der Breitbanda­usbau als Teil der Infrastruk­tur in die Zuständigk­eit des Verkehrsmi­nisteriums von Alexander Dobrindt (CSU).

Dort legt man es nicht auf einen Kompetenzk­onflikt an. „Jeder Vorschlag für zukünftige Investitio­nen in den Breitbanda­usbau ist grundsätzl­ich willkommen“, sagt ein Sprecher, „auch der des Bundeswirt­schaftsmin­isterium.“

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