Thüringische Landeszeitung (Gera)
Milliarden fürs Internet
Wirtschaftsminister Gabriel legt Programm für Digitalisierung vor
BERLIN. Mit einem Aktionsprogramm will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Digitalisierung besonders der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland vorantreiben. Auf der Wunschliste, die sein Staatssekretär Rainer Sontowski auf einer Fachtagung in Berlin vorstellte, finden sich eine Reihe ehrgeiziger Vorhaben, die noch vor der Bundestagswahl im nächsten Herbst umgesetzt werden sollen.
Neben vielen wohl nur Fachleuten verständlichen Förderungen für eine vernetzte Wirtschaft fasst der Programm auch die Infrastruktur ins Auge. Gabriel fordert einen „Zukunftsinvestitionsfonds“mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro. Mit dem Geld soll das schnelle Internet in ländlichen Regionen ausgebaut werden, in denen sich die Erschließung mit Breitbandnetzen für die Telekommunikationsfirmen nicht lohnt.
Woher das Geld kommen könnte, wissen die Beamten auch schon. „Als Finanzierungsquelle kommen beispielsweise die Erlöse der nächsten Frequenzversteigerung infrage“, schreiben sie. Dabei handelt es sich um Mobilfunkfrequenzen für das neue superschnelle 5GNetz.
Auch Selbstständigen, Lehrern oder anderen, die ihre Arbeitsmaterialien selbst bezahlen müssen, stellt das zwölf Punkte umfassende Programm Verbesserungen in Aussicht. „Im privaten Bereich setzen wir uns für eine Vereinheitlichung und Verkürzung der Abschreibungsfristen für Hard- und Software auf maximal drei Jahre ein“, heißt es in der Vorlage. Dies solle auch andere digitale Geräte umfassen. Die Besitzer würden in diesem Falle Steuern sparen. Auch will das Ministerium die Kostengrenze für so genannte „geringwertige Wirtschaftsgüter“heraufsetzen, was Firmen und Selbstständige ebenfalls entlasten würde. Solche Geräte lassen sich im Jahr der Anschaffung komplett abschreiben und steuerlich geltend machen. Zudem will Gabriel Dienstleistungen weiter deregulieren. „Das in Teilen überholte Personenbeförderungsrecht“solle modernisiert und an technische Entwicklungen angepasst werden. So will das Ministerium die Ortskenntnisprüfung für Taxifahrer abschaffen. Durch Navigationsgeräte in den Fahrzeugen müssen die Fahrer ja selbst nicht mehr jeden Straßenzug kennen. Inwieweit der Markt für Anbieter neuer Mobilitätsdienste wie Mitfahrangebote oder Fahrtenvermittler geöffnet werden soll, erschließt sich aus dem Programm nicht ganz.
Hier ist von einer „Anhebung der Schwellenwerte für private Mitfahrten“die Rede. Vor allem der Fahrtenvermittler Uber aus den USA drängt auf den deutschen markt, scheiterte aber bisher am deutschen Recht und kämpft mit Widerstand der Taxibranche.
Inwieweit das Aktionsprogramm auch von der ganzen Regierung getragen wird, ist offen. So fällt der Breitbandausbau als Teil der Infrastruktur in die Zuständigkeit des Verkehrsministeriums von Alexander Dobrindt (CSU).
Dort legt man es nicht auf einen Kompetenzkonflikt an. „Jeder Vorschlag für zukünftige Investitionen in den Breitbandausbau ist grundsätzlich willkommen“, sagt ein Sprecher, „auch der des Bundeswirtschaftsministerium.“