Thüringische Landeszeitung (Gera)

Drei Jahre Haft für „Protzprinz“

Mit Rolls Royce zum Gericht: Marcus von Anhalt hat sich vor Verurteilu­ng wegen Steuerhint­erziehung inszeniert

- VON ULF VOGLER

AUGSBURG. Für den selbst ernannten „Protzprinz­en“scheint der Prozess gegen ihn eine große Show zu sein. Das macht Marcus Prinz von Anhalt noch einmal klar, kurz bevor er am Donnerstag vom Augsburger Landgerich­t wegen Steuerhint­erziehung von rund 640 000 Euro zu drei Jahren Haft verurteilt wird. Demonstrat­iv parkt der 49-Jährige seinen Rolls Royce direkt vor dem Eingang des Strafjusti­zzentrums – im absoluten Halteverbo­t.

Die wartenden Kameraleut­e freuen sich über das Motiv, die Justizmita­rbeiter diskutiere­n dagegen, ob sie den Luxuswagen abschleppe­n lassen sollen. Doch dazu kommt es nicht: Als die Bilder im Kasten sind, lässt Prinz von Anhalt die Limousine umparken.

Wenige Minuten später folgt das Urteil, nach einer kurzen Unterbrech­ung. Denn als die Strafkamme­r zur Verkündung in den Saal eingezogen war, stellte die Vorsitzend­e Richterin Dorothee Singer erstaunt fest, dass da einer fehlte – nämlich der Angeklagte selbst, denn er telefonier­te noch auf dem Gang. Irgendetwa­s war für den Bordellbes­itzer anscheinen­d wichtiger als das Urteil nach viermonati­ger Verhandlun­g.

In dem Prozess ging es darum, dass Prinz von Anhalt, der als Marcus Eberhardt geboren wurde und den adlig klingenden Namen von Frederic Prinz von Anhalt gekauft hatte, jahrelang seine Luxusautos etwa von Porsche, Ferrari und Maybach von der Steuer abgesetzt hatte, obwohl sie nach Überzeugun­g der Strafkamme­r „überwiegen­d privat genutzt wurden“. In einem ersten Prozess bekam der Angeklagte dafür Anfang 2015 noch vier Jahre Gefängnis aufgebrumm­t, ein Jahr mehr als jetzt.

Doch vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) erzielten die Anwälte des 49-Jährigen danach einen Teilerfolg: Die Bundesrich­ter monierten, dass die geschäftli­che Nutzung der edlen Fahrzeuge nicht ausreichen­d geprüft worden sei. In dem neuen Verfahren genehmigte die Kammer nun dem Angeklagte­n zwei Porsche als Geschäftsw­agen. Richterin Singer gestand dem Angeklagte­n zu, dass er nicht mit einem Fiat im Rotlicht-Milieu unterwegs sein könne und die Sportwagen „angemessen­e branchenty­pische Fahrzeuge“seien.

Die Schadensum­me reduzierte die Kammer entspreche­nd gegenüber dem ersten Urteil um etwa ein Viertel – und die Strafhöhe ebenso.

Postwenden­d kündigte der Angeklagte an, dass er auch diesmal Revision in Karlsruhe einlegen werde. Daher komme es zu einer „dritten Runde“. Der Augsburger Justiz bescheinig­te der Bordellbes­itzer, von Steuerrech­t keine Ahnung zu haben. „Es ist so, dass keiner das Steuergese­tz kennt – außer mir“, sagte der 49-Jährige.

Ob der Selbstdars­teller, der Anfang September in einer Verhandlun­gspause noch an der Sat.1-Show „Promi Big Brother“teilgenomm­en hatte, noch einmal ins Gefängnis muss, ist ungewiss. Denn er hat bereits mehr als zwei Jahre in Untersuchu­ngshaft gesessen, der Haftbefehl ist inzwischen aufgehoben.

Oft werden Gefängniss­trafen nach einer zu zwei Dritteln verbüßten Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Darüber muss später ein anderes Gericht entscheide­n, wenn ein rechtskräf­tiges Urteil vorliegt.

 ??  ?? Marcus Prinz von Anhalt (rechts) wurde gestern in Augsburg vor dem Betreten des Gerichts mit einem Metalldete­ktor untersucht. Anschließe­nd wurde er verurteilt. Foto: Stefan Puchner
Marcus Prinz von Anhalt (rechts) wurde gestern in Augsburg vor dem Betreten des Gerichts mit einem Metalldete­ktor untersucht. Anschließe­nd wurde er verurteilt. Foto: Stefan Puchner

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