Thüringische Landeszeitung (Gera)
Rühriger Freibadverein macht wetterbedingte Ausfälle wett
Wie in Weberstedt unterstützen vielerorts Ehrenamtler die Betreiber der Freizeitattraktionen nach Kräften
WEBERSTEDT. Sebastian Reinz, Schwimmmeister im Freibad von Weberstedt (Unstrut-Hainich-Kreis), musste es zähneknirschend hinnehmen: Zwei Wochen allerschönstes Badewetter im September – doch das Weberstedter Freibad hatte bereits geschlossen.
Ganz abgesehen davon, dass die Gemeinde sich den Betrieb ihres Bades finanziell und personell jeweils nur vom 1. Juni bis zum 31. August eines Jahres leisten kann: Es wäre auch aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, das Bad noch einmal zu öffnen. Denn die Steuerung der Brunnenpumpe hat ihren Geist aufgegeben. Das Bad hätte folglich nicht mehr mit Wasser aus dem eigens gebohrten Tiefbrunnen, sondern nur noch mit teurem Frischwasser aus der Leitung befüllt werden können. Mitte August so richtig in die Gänge kam und für beständig schönes Wetter sorgte, hat bis zum Schließtag nämlich gerade einmal insgesamt rund 6500 Badegäste angelockt, zwischen 400 und 500 Besucher allein am heißen 30. Juli. Das sind unterm Strich rund 1500 weniger als im Jahr davor, was sich natürlich in Einnahmeausfällen bemerkbar macht, die die Gemeinde hart treffen.
Das Weberstedter Freibad ist nicht nur ein top gepflegtes, sondern auch das einzige Bad in einem größeren Umkreis und eine der wenigen verbliebenen Freizeitattraktionen in der Region. Besucher kommen unter anderem aus Mühlhausen, wo das Freibad am Schwanenteich vor sechs Jahren geschlossen wurde, und aus Bad Langensalza. Deshalb setzt die Gemeinde Weberstedt alles daran, es als gemütlichen Treffpunkt für das Dorf und die Region zu erhalten. Doch wenn wegen des Wetters viel weniger Besucher kommen und die Einnahmen geringer ausfallen als erhofft, wird die Betreibung immer schwieriger. Und jede Investition ein Kraftakt. Investieren aber muss die Gemeinde, wenn das Bad attraktiv und ein Anziehungspunkt bleiben soll. Sonst kommen immer weniger Gäste, fallen die Einnahmen noch geringer aus, wird die Betreibung immer schwieriger. Ein Teufelskreis.
Um ihm zu entrinnen, gründete sich im November vergangenen Jahres in Weberstedt ein Freibad-Förderverein, wie es ihn an mehreren Orten in Thüringen gibt. „Ein Verein hat nämlich ganz andere Möglichkeiten als die Gemeinde, an Fördermittel zu kommen“, sagt Sebastian Reinz, der gleich zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Der Verein habe sofort Lottomittel und eine Unterstützung durch die Sparkassenstiftung beantragt, außerdem hofft er auf eine Förderung aus dem Leader-Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums. Mit Lottomitteln und Geld von der Stiftung hat es auf Anhieb geklappt. Damit war es in diesem Jahr möglich, für 5500 Euro einen Putzroboter für das 30 mal 15 Meter große Becken zu kaufen, für den nur 1300 Euro an Eigenmitteln nötig waren. Außerdem konnte mit Hilfe von Sponsoren und tatkräftiger Unterstützung von Vereinsmitgliedern noch vor dem Saisonstart ein Beachvolleyballplatz angelegt werden. Klappt es jetzt auch mit der Leader-Förderung, sollen davon die Elektrik, die Pumpensteuerung und ein neues Schleppdach vor dem Kiosk finanziert werden. Auf 25000 bis 30 000 Euro beziffert Sebastian Reinz die Kosten, die die Gemeinde zusätzlich zum Betrieb ihres Freibad auf keinen Fall stemmen könnte. Die Eigenleistungen, die die derzeit hoch engagierten 67 Vereinsmitglieder zu leisten willens sind, gar nicht eingerechnet.
Die Weberstedter, die im kommenden Jahr das 50-jährige Bestehen ihres Freibads feiern, sind davon überzeugt, mit der Vereinsgründung eine Lösung für den Fortbestand ihres Freibads gefunden zu haben. Unabhängig vom Wetter macht sie sie freilich nicht. Ein wechselhafter Sommer ist und bleibt ein Schlag ins Kontor – und daran können auch zwei ungewöhnliche heiße Wochen im September kaum etwas ändern. Landesweit haben die Betreiber der Freibäder eine durchschnittliche Bilanz gezogen, in vielen Orten nimmt sie sich im Vergleich zu den Vorjahren eher bescheiden aus.
Sebastian Reinz, der vor zwei Jahren seinen Rettungsschwimmer gemacht hat und außerhalb der Badesaison beim Bauhof arbeitet, hat derweil die 2016er Saison abgehakt und freut sich auf das nächste Jahr. Vor allem auf die Stunden, in denen er Zeit findet, mit seinen eigenen Kindern ins kühle Nass zu springen. Denn selbst wenn die Quecksilbersäule die 30-Grad-Marke übertrifft, wird es dank des Brunnenwassers von 16, 17 Grad im Becken kaum wärmer als 21 oder 22 Grad.