Thüringische Landeszeitung (Gera)
Bäcker und Blumenhändler sind benachteiligt
AfD will Öffnungszeiten an Feiertagen ausweiten – Gericht kippt Sonntagsarbeit in Erfurt
ERFURT. Ein Hinweis aus der Bäcker-Innung war es, der dazu beigetragen hat, dass die AfDLandtagsfraktion nun eine Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes anstrebt. Die Abgeordneten nahmen die Anregungen auf und bündelten sie in einem Gesetzentwurf. Mit den ersten Vorstellungen sei man bei der Industrie- und Handelskammer vorstellig geworden und dort auf positive Resonanz gestoßen, berichtet der AfD-Wirtschaftspolitiker Stefan Möller. Anschließend seien ein, zwei Sachen geändert worden und nun könne über das Paragrafenwerk während der Parlamentssitzung in der nächsten Woche debattiert werden.
Die bestehenden Regelungen sehen vor, dass unter anderem Bäckereien oder Konditoreien an Sonn- und Feiertagen von 7 bis 17 Uhr nur für die Dauer von fünf zusammenhängenden Stunden geöffnet sein dürfen. Im Gegensatz dazu dürfen Tankstellen Brötchen und Brote aber ganztägig verkaufen. „Gerade für traditionelle Bäckereigeschäfte stellt diese Regelung einen deutlichen Wettbewerbsnachteil dar“, ist Möller überzeugt. Die AfD will die FünfStunden-Begrenzung aufheben und Geschäfte selbst entscheiden lassen, in welchem Umfang sie an Sonn- und Feiertagen öffnen. Neben Bäckern sollen davon auch Blumen- und Zeitschriftenhändler profitieren. Damit würden sie im Konkurrenzkampf mit Tankstellen, die mitunter ihr Sortiment sogar rund um die Uhr anbieten, weniger ins Hintertreffen geraten, lautet die Begründung.
Zudem strebt die AfD-Fraktion an, dass Arbeitnehmer künftig nicht mehr zwingend nur an zwei Samstagen pro Monat beschäftigt werden dürfen. „Die von uns entworfene Änderung des Gesetzes sieht vor, das Entscheidungsrecht dem Arbeitnehmer zu überlassen. Diesem würde so ermöglicht, eine berufliche Tätigkeit auch an mehr als zwei Samstagen im Monat durchzuführen, soweit dies seinem Wunsch entspricht und betrieblich möglich ist“, sagt der Abgeordnete Möller.
Arbeitsministerin Heike Werner (Linke) sieht den Vorstoß der Opposition kritisch. „Wenn weniger Samstagsarbeit zu weniger Einkommen führt, dann doch deshalb, weil das Entlohnungsmodell der Unternehmen auf die Samstagsarbeit zugeschnitten ist. Das ist das eigentliche Problem“, sagt sie auf TLZAnfrage. Auch die Ausweitung der Sonntagsarbeit auf zehn Stunden lehnt sie ab. „Die Streichung der Fünf-Stunden-Grenze würde zu einer erheblichen Ausweitung der Ausnahme und damit zu einem weitgehenden Eingriff in den Sonn- und Feiertagsschutz führen“, erläutert sie. Eine einseitige Berücksichtigung der Interessen von Arbeitgebern zulasten von Anliegen der Beschäftigten könne das Arbeitsministerium nicht begrüßen.
Die Handwerkskammer Erfurt lässt auf Anfrage unserer Zeitung ausrichten: „Wir haben unsere Bewertung mit Blick auf die anstehenden Änderungen beim Thüringer Ladenöffnungsgesetz intern und in Abstimmung mit den anderen Wirtschaftskammern noch nicht abgeschlossen.“
Unterdessen hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar gestern die aktuelle Regelung der Stadt Erfurt zu verkaufsoffenen Sonntagen gekippt: Es verbot die meisten in diesem Jahr geplanten Sonntagsöffnungen. Lediglich an einem Adventssonntag dürfen die Händler Waren anbieten. Die Stadt hatte vier weitere von Händlern beantragte Sonntagsöffnungen genehmigt. Laut Gericht liegt dafür jedoch kein besonderer Anlass vor, an den verkaufsoffene Sonntage laut Ladenöffnungsgesetz gebunden sind.
„Der Wegfall der FünfStundenGrenze würde zu weitgehendem Eingriff in den Sonn und Feiertagsschutz führen.” Arbeitsministerin Heike Werner (Linke)