Thüringische Landeszeitung (Gera)
Vom Betreuungsgeld zum beitragsfreien KitaJahr
mehr als zehn Jahren startete die damalige CDU-Alleinregierung ihre sogenannte Familienoffensive. Wichtigster Punkt: Das Landeserziehungsgeld, das bis dahin alle Eltern bekamen im, wurde reformiert – und in ein Betreuungsgeld umgewandelte. Davon profitierten nur noch Eltern, die ihre Kinder daheim erzogen.
Thüringen war das erste Bundesland, das den von Gegnern „Herdprämie“genannten Zuschuss einführte. Nachdem die schwarz-gelbe Koalition im Bund im Jahr auf 2012 auf Drängen der CSU auch ein Bundesbetreuungsgeld einführte, erhielte heimerziehende El- tern sogar doppelt Geld. Doch mit Bildung der rot-rot-grünen Koalition Ende 2014 war das Aus für das Landesbetreuungsgeld beschlossen. Linke, SPD und Grüne kündigten an, mit den eingesparten jährlichen knapp 20 Millionen Euro ein gebührenfreies Jahre in den Kindergärten zu finanzieren.
Ein halbes Jahr später war es soweit. Per Gesetz wurde das Thüringer Betreuungsgeld aufgehoben. Das das Land aus rechtlichen Gründen nicht einfach eine Leistung streichen kann, bekommen derzeit immer noch Eltern für ihre Kinder Geld, die bis zum 30. Juni 2015 geboren wurden. Die ZahlunVor gen würden bis Juli 2017 fließen, teilte das Sozialministerium auf Anfrage mit. Es ist aber nicht völlig ausgeschlossen, dass einige Eltern auch noch bis Oktober 2017 anspruchsberechtigt seien. Ab 2018 soll das letzte Kindergartenjahr gebührenfrei gestellt werden – wobei für die Finanzierung das eingesparte Geld nicht reichen wird.
Inzwischen gibt es bekanntlich auch kein Bundesbetreuungsgeld mehr. Am 21. Juli 2015 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass der Bund nicht die nötige Gesetzgebungskompetenz besitze und deshalb gegen das Grundgesetz verstoßen habe. Eine Übersicht über die unterschiedlichen Höhen der Gebühren im Land besitzt das Ministerium angeblich nicht. Allerdings liefert es auf Nachfrage einen Durchschnittswert für das letzte Kindergartenjahr vor der Schule. 115 Euro müssen Thüringer Eltern im Durchschnitt für ihre Kinder pro Monat zahlen.
Die Zahl hat die Landesregierung auch deshalb griffbereit, weil sie die Gebühren ab dem 1. Januar 2018 im letzten Kindergartenjahr abschaffen will. Um 26 Millionen Euro sollen die Eltern entlastet werden.
Der Plan, der lange koalitionsintern umstritten war, soll mit dem Landesbetreuungsgeld gegenfinanziert werden, das gerade ausläuft. Doch noch müssen alle Eltern, die sich dies dem Gesetz zufolge leisten können, für die Betreuung zahlen – und natürlich auch für die Essensversorgung. Allerdings haben sich einige freie Träger noch ein zusätzliches Entgelt einfallen lassen: die sogenannte Servicepauschale. Die Abgabe wird fällig für die Ausgabe des Essens und den Abwasch von Tassen, Tellern und Besteck. Eltern von Kindern, die einen Weimarer Kindergarten besuchen, berichten von einer Servicepauschale in Höhe 18 Euro im Monat, die sie zusätzlich zu Essensgeld und Gebühren zahlen müssen. „Die Träger bitten offensichtlich gerne mal die Eltern zusätzlich zur Kasse, weil sie wissen, dass diese sich nicht so schnell wehren“, mutmaßt ein Vater.
Auch Elternsprecherin Kirchner kennt das Problem. So, sagt sie, würden Eltern zusätzlich geschröpft. Die Art der Erhebung sei dabei von Träger zu Träger unterschiedlich. Zwischen 15 und 30 Euro liege die monatliche Servicepauschale in etwa.
Der erwähnte Weimarer Kindergarten gehört zur Diakonie Mitteldeutschland, die 180 Kindertagesstätten mit 15 000 Kindern in Thüringen betreibt. Ihr Sprecher sagt, eine Servicepauschale sei dort „nicht bekannt“.
Die Geschäftsbereichsleitung der Diakoniestiftung WeimarBad Lobenstein teilt auf Anfrage mit: „Wir erheben die Servicepauschale nur noch in einem Kindergarten. Sie wird in Kürze abgeschafft.“
Künftig, heißt es weiter, fließe der Betrag ins Essensgeld ein, so wie es in den Tagesstätten der Diakonie üblich sei.