Thüringische Landeszeitung (Gera)
Zwischen absurdem Humor und Wahrheitssuche
„Zwei Männer ganz nackt“: Komödie von Sébastien Thiéry erlebte in Gera ihre deutschsprachige Erstaufführung
GERA. Ein ganz schöner Saustall rund um das Tagesbett im Wohnzimmer von Alain Kamer (sehr überzeugend: Bruno Beeke): Klamotten, Decken, sogar ein benutztes Kondom.
Das äußere Chaos scheint Spiegelbild der inneren Unordnung jenes erfolgreichen Anwalts, zweifachen Vater und Ehemanns zu sein, dessen heile Welt plötzlich zusammenbricht. Nämlich just in dem Moment, wo er zwischen schwarzen Laken neben seinem Angestellten Nicolas Prioux (Ulrich Milde) aufwacht. Beide nackt. Es ist der Anfang der wunderbaren Komödie „Zwei Männer ganz nackt“des Franzosen Sébastien Thiéry, die am Sonnabend in Gera in der Regie von Schauspieldirektor Bernhard Stengele ihre deutschsprachige Erstaufführung erlebte. Und es ist der Anfang von zwei kurzweiligen Stunden, in denen sich die Ereignisse auf der Bühne überschlagen und Zuschauer wie Protagonisten auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt werden. Auf das Erwachen von Alain Kramer folgt der Schock. Er bedroht den vermeintlichen Eindringling mit einem Gewehr, ruft sogar die Polizei. Doch auch Prioux kann sich nicht erklären, wie er in Kramers Wohnung gekommen ist. Die beiden Herren suchen nach Erklärungen, was mit wundervollen Dialogen und absurder Situationskomik einhergeht. War es deutscher Voodoo, der die beiden ins Bett geführt hat. Oder waren es vielleicht Drogen?
Als Kramers Frau Catherine (Christiane Nothofer) nach Hause kommt und die beiden erwischt, wird es nochmals heikel für die Herren. Catherine glaubt, ihren Mann als verklemmten Homosexuellen entlarvt zu haben. Der über Jahre angestaute Frust über die Ehe-Routine entlädt sich in dieser Ausnahmesituation und verleiht der Komödie eine tiefgründige, melancholische Seite. Christiane Nothofer mit ihrem gefühlvollen Gesang und Olav Kröger am Klavier interpretieren wundervolle französische Chansons.
Was ist real? Was schlummert in uns? Was tun wir unterbewusst? Das sind die Fragen, die der Autor seinem Publikum mit auf den Heimweg gibt. Mit zwei großartigen männlichen Hauptdarstellern bringt Regisseur Stengele das Stück temporeich und vielschichtig auf die Geraer Bühne. Marianne Hollenstein, die für die Ausstattung verantwortlich zeichnet, schafft dafür einen stimmungsvollen Raum, in dem sich eben nicht nur absurder Humor, sondern auch eine menschliche Tragödie, ein Gewissenskonflikt, eine Wahrheitsfindung abspielen. Weitere Aufführungen: 27. September und 1. Oktober
Am Ende bleiben viele Fragezeichen