Thüringische Landeszeitung (Gera)
Berlin hofft auf Clinton
Auch nach dem TVDuell bleibt die Bundesregierung vorsichtig – Kaum Kontakte ins TrumpLager
BERLIN. Die Nacht zum Dienstag war für ein paar hundert Leute in Berlin eine sehr kurze. Wegen des TV-Duells zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump hatten sich viele aus dem deutschen Politbetrieb den Wecker auf kurz vor drei gestellt.
Zwar gab es noch keine großen Wahlpartys; die meisten schauten im Bett oder auf der Couch. Aber auch so war man sich im Urteil einig: klarer Sieg für die Demokratin. Zudem verstärkte der Republikaner mit seinem aggressiven Auftritt nochmals die Vorbehalte, die es in Deutschland gegen ihn ohnehin schon gibt. Die Einschätzungen von Koalition und Opposition unterscheiden sich kaum.
SPD-Chef Sigmar Gabriel zog das Fazit: „Trump hat keinen Plan – weder für die USA geschweige denn für die großen außenpolitischen Herausforderungen.“Grünen-Chef Cem Özdemir sah einen „Triumph der Seriosität über gefährliches Halbwissen und Arroganz“.
Trotz Clintons Erfolg ist in Berlin die Sorge vor einem Präsidenten Trump nicht geringer geworden. Seit seinem Durchmarsch bei den Vorwahlen schließt kaum noch jemand aus, dass er es schaffen könnte. Auch Sylke Tempel von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) warnt, Clinton jetzt – sechs Wochen vor der Wahl – zur klaren Favoritin zu erklären: „Trump kann machen, was er will. Je frecher und unangenehmer er wirkt, desto besser kommt er bei seinen Anhängern an.“Und: „Das Irre an ihm ist: Er kommt aus seiner Haut nicht raus. Er glaubt tatsächlich, dass er mit seiner Persönlichkeit überzeugt.“
Die Bundesregierung bereitet sich vorsichtshalber auf beide Fälle vor. Offiziell hält sich Angela Merkel aus dem US-Wahlkampf heraus. Aber dass sie Clinton den Vorzug gäbe, ist klar. Längst gibt es Kontakte zu möglichen Außenministern einer Clinton-Regierung wie den Diplomaten Nicholas und William Burns.
Versuche, auch mit dem Trump-Lager diskret ins Gespräch zu kommen, blieben bislang hingegen ziemlich fruchtlos. DGAP-Expertin Tempel sagt: „Man kann gar nicht mit seinen Leuten sprechen, weil es seine Leute gar nicht gibt.“Zu den wenigen Leuten aus seiner Umgebung, mit denen gesprochen wurde, gehört Richard Burt, der zwischen 1985 und 1989 Botschafter in Deutschland war. So hoffen in Berlin praktisch alle darauf, dass sich das Thema Trump am 8. November von selbst erledigt. (dpa)