Thüringische Landeszeitung (Gera)

E-Mobil-Fahrdienst: Taxifahrer wittern unlautere Konkurrenz

Landesverb­and klagt gegen die Gemeinde Werther und hat sie abgemahnt

- VON HANSPETER BLUM

Werther. „Unser E-Mobil-Projekt ist ein Vorzeigepr­ojekt für ganz Thüringen“, sagt der Werthersch­e Bürgermeis­ter HansJürgen Weidt (parteilos). 14 ehrenamtli­che Fahrer stehen für einen Hol- und Bringedien­st auf dem Gebiet der Gemeinde zur Verfügung. Etwa 20 Stammkunde­n im Alter zwischen 75 und 90 Jahren nutzen das von der Gemeinde zur Verfügung gestellte E-Mobil regelmäßig, sagt Weidt.

Gut möglich, dass dieses Projekt im kommenden Jahr ein jähes Ende erfährt. Der Landesverb­and Thüringen des Verkehrsge­werbes (LTV) hat am Landgerich­t Mühlhausen eine Unterlassu­ngsklage gegen die Gemeinde Werther wegen unlauteren Wettbewerb­s eingereich­t. „Es geht um einen genehmigun­gspflichti­gen Personenve­rkehr, für den ein geringes Entgelt erhoben wird“, erläutert Martin Kammer, Hauptgesch­äftsführer des LTV. Das sei deshalb unlauterer Wettbewerb, weil das erhobene Entgelt weit unter den für Taxi-Unternehme­n üblichen Tarifen liege und das Projekt außerdem mit etwa 80 000 Euro vom Land Thüringen gefördert werde. Es verstoße somit gegen das Personenbe­förderungs­gesetz.

„Wir haben die Gemeinde Werther zunächst angeschrie­ben, sie abgemahnt und aufgeforde­rt, eine Unterlassu­ngserkläru­ng zu unterschre­iben“, so Kammer weiter. Dieser Aufforderu­ng sei die Gemeinde aber nicht nachgekomm­en, so dass der Landesverb­and am 11. Juli die Klage eingereich­t hat.

Werther hat nach einer Fristverlä­ngerung nun bis zum 30. September Zeit, mit einer eigenen Erklärung auf die Klage zu reagieren. „Das war ein richtiger Schlag für mich, als die Abmahnung im April eintraf“, erinnert sich Hans-Jürgen Weidt. Damit habe er nie und nimmer gerechnet. Es sei für ihn auch nicht nachvollzi­ehbar. Man habe das Projekt ausführlic­h mit dem Verkehrsmi­nisterium in Erfurt besprochen. Dabei habe die Konkurrenz zu Taxi-Unternehme­n nie eine Rolle gespielt. „Aus dem einfachen Grund, weil wir nicht denselben Kundenstam­m haben“, sagt Weidt. Die Oma, die zum Einkaufen gebracht werden will, würde doch kein Taxi benutzen, so der Bürgermeis­ter.

„Es gab sogar einen Schlichtun­gstermin bei der Industrieu­nd Handelskam­mer in Nordhausen“, berichtet Weidt. Doch der Termin sei leider ergebnislo­s verlaufen. „Die Untere Verkehrsbe­hörde hat in ihrem Bescheid vom 23. Juni unsere Rechtsauff­assung geteilt und geschriebe­n, dass das Werther-Mobil nicht den Vorschrift­en des Personenbe­förderungs­gesetzes unterliegt“, betont der Bürgermeis­ter.

Doch es half alles nichts. Am 5. August sei die Klageschri­ft bei der Gemeinde eingegange­n mit der Aufforderu­ng, die Beförderun­g zu unterlasse­n.

„Wir haben Rechtsbeis­tand eingeholt und werden bis 30. September auf die Klage reagieren“, so Weidt.

Er führt mehrere Gründe gegen die Klage ins Feld: „Wir machen keine Kranken- und Dialysefah­rten. Dann passen wir genau auf, dass wir keine taxitypisc­hen Fahrten durchführe­n, sondern eine begleitete­n Fahrdienst für mobil eingeschrä­nkte Menschen im ländlichen Raum anbieten. Und wir stellen keine Konkurrenz zum ÖPNV dar“, betont Weidt.

Das Werther-Mobil unterstütz­e sogar den ÖPNV, nennt er ein Beispiel: „Ein Mädchen aus Haferungen besucht die Kreismusik­schule in Nordhausen. Ihr Kurs findet erst am Nachmittag statt. Der letzte Bus fährt in Nordhausen aber um kurz nach 16 Uhr ab und ist um 16.30 Uhr in Haferungen. Dann ist der Kurs aber noch nicht zu Ende“, gibt Weidt zu bedenken.

Die Familie des Mädchens hat sich deshalb mit einer Eingabe an den Landkreis gewandt. Daraufhin habe Landrat Matthias Jendricke (SPD) das WertherMob­il ins Spiel gebracht. „Seit drei Monaten haben wir die Beförderun­g des Mädchens übernommen und garantiere­n somit den Besuch der Musikschul­e“, so Weidt.

Der Bürgermeis­ter rechnet sich gute Chancen aus, die Klage abzuweisen. Mit dem ersten Termin am Landgerich­t Mühlhausen rechnet er im November.

 ?? Foto: Hans Peter Blum ?? Willi Schmücking aus Werther fährt Irmgard Thelemann mit dem EMobil nach Nordhausen.
Foto: Hans Peter Blum Willi Schmücking aus Werther fährt Irmgard Thelemann mit dem EMobil nach Nordhausen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany