Thüringische Landeszeitung (Gera)
Misere bei Augenarztterminen
KV: Gesetzgeber muss an Bedarfsplanung etwas ändern – Defizite vor allem in Ost und Südthüringen
WEIMAR/GOTHA. Unabhängig davon, wie das Sozialgericht Gotha über die Klage eines Augenarztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Thüringen wegen der Zwangszuweisung von Patienten entscheidet: Die Situation bei der augenärztlichen Versorgung in Thüringen bleibt schwierig. Schon mehrfach musste die KV ambulanten Ärzten vor allem im augenärztlichen Bereich Patienten per Bescheid zuweisen, weil es auf anderem Wege nicht möglich war, einen Termin für sie zu bekommen. In vielen anderen Fällen indes gelang es entweder den Patienten selbst oder den Mitarbeitern am Patiententelefon, einen Termin zu vereinbaren.
Wenn sich Patienten am Patiententelefon oder bei der im Januar eingerichteten Terminservicestelle melden, weil sie bei keiner Praxis in ihrer Region einen Termin für Routineuntersuchungen bekommen haben, wird zunächst noch einmal abgeklopft, welche Ärzte die Patienten bereits angefragt haben. Die KV wendet sich dann ihrerseits erneut an in Frage kommende Mediziner. Nach KV-Angaben gelang es in der Regel auf diese Weise oder durch nochmaliges Nachfragen seitens der Patienten, zumindest für dringende Fälle Termine zu vereinbaren. Notfallpatienten haben ohnehin Anspruch darauf, sofort behandelt zu werden – sie dürfen nicht abgewiesen werden. Scheitern aber alle Versuche einer Terminvermittlung, kam es auch schon vor, dass Patienten einem Augenarzt per KV-Bescheid zugewiesen wurden. Der Arzt aus Ostthüringen ist indes der erste, der gegen diese Verfahrensweise klagt. Allerdings ist die Beschwerdelage über Augenarzttermine regional sehr unterschiedlich: In Gotha etwa, wo derzeit drei Augenarztsitze nicht besetzt sind, gibt es kaum Klagen, in Ost- und Südthüringen hingegen häufen sie sich. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich im augenärztlichen Bereich in den vergangenen Jahren viel getan hat, es beispielsweise innovative Therapiemöglichkeiten im Bereich der Makuladegeneration gibt, die allerdings mit hohem zeitlichen Aufwand verbunden sind. Darauf haben sich aber gerade im Osten und Süden des Freistaats Ärzte spezialisiert – zu Lasten ihres Zeitbudgets für Routineuntersuchungen. Generell aber gilt auch, dass die Thüringer Augenärzte auch infolge des demographischen Wandels viel stärker in Anspruch genommen werden als noch vor Jahrzehnten. Die Mediziner versorgen nach KV-Angaben ein Drittel mehr Patienten als ihre Kollegen im Bundesdurchschnitt, so dass Praxen meist übervoll sind.
Die KV fordert deshalb vom Gesetzgeber zu prüfen, ob die Bedarfsplanung, die vorgibt, wie viele Ärzte eines Fachgebiets in einer bestimmten Region vorhanden sein müssen, um die ausreichende ambulante ärztliche Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, noch mit der Wirklichkeit Schritt hält. Aus KV-Sicht wird die Altersstruktur der Bevölkerung zu wenig berücksichtigt. Laut Bedarfsplanungsrichtlinie soll auf 13 399 bis 20 664 Einwohner ein Augenarzt kommen.
Der Ausgang des Prozesses am Sozialgericht Gotha wird von vielen Seiten mit großer Spannung erwartet, weil er eine fundamentale Frage berührt. Nämlich die, wie weit der Arm der KV bei Freiberuflern reicht, wie es die ambulant tätigen Ärzte sind.