Thüringische Landeszeitung (Gera)
Bestechung bei Buskauf: Schweinsburg schweigt
Korruptionsvorwürfe bei Nahverkehrsgesellschaften – Staatsanwaltschaft Erfurt erhebt Anklage gegen sechs Männer
ERFURT/APOLDA/GREIZ. Im Verfahren um die Korruptionsvorwürfe bei zwei Thüringer Nahverkehrsgesellschaften hat die Staatsanwaltschaft Erfurt Anklage erhoben. Eine Sprecherin sagte MDR Thüringen, bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mühlhausen seien sechs Beschuldigte angeklagt.
Den Männern im Alter zwischen 46 und 62 Jahren wird vorgeworfen, beim Kauf und der Ausstattung von Bussen bestochen und Gelder veruntreut zu haben. Außerdem wird ihnen Subventionsbetrug bei der Verwendung von Fördermitteln zum Kauf von Bussen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden auf mehr als 1,16 Millionen Euro. Nach Informationen des MDR werden den sechs Angeklagten 129 Untreue-, 66 Bestechungsfälle, 50 Fälle von Bestechlichkeit und 28 Mal Subventionsbetrug zur Last gelegt.
Das Verfahren ist nach Recherchen des Senders weitaus größer, als bisher bekannt. Denn angeklagt sind auch Ex-Manager des türkischen Busherstellers Temsa. Dieser hat seinen Hauptsitz im türkischen Adana. Eine Sprecherin von Temsa bestätigte, dass es Ermittlungen gegen Ex-Mitarbeiter gebe.
Die Ex-Manager sollen mit einem Bustechnik-Berater und leitenden Mitarbeitern von zwei Nahverkehrsgesellschaften in Gera/Kreis Greiz und Weimarer Land beim Buskauf Rechnungen manipuliert und zu hohe Preise angesetzt haben. Aus diesen Summen, so der Vorwurf, sollen Bestechungsgelder abgezweigt worden sein. Dazu soll ein Geflecht aus Firmen gegründet worden sein, über die das mutmaßliche Bestechungsgeld geflossen sein soll. Zudem stehen die Anklagten im Verdacht, bei der Verwendung von Fördermitteln des Freistaates zum Kauf von Bussen betrogen zu haben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es neben den sechs Angeklagten noch Ermittlungsverfahren gegen weitere Beschuldigte. Darunter soll nach MDR-Informationen auch die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) sein. Schweinsburg ist Aufsichtsratsvorsitzende der RVG Regionalverkehr Gera/Land und PRG Personen- und Reiseverkehr Greiz. Sie soll auf Kosten des Unternehmens Temsa in die Türkei gereist sein. Deshalb wird gegen sie wegen des Vorwurfes der Bestechlichkeit ermittelt. Temsa hatte Busse an die RVG und die PRG verkauft.
Schweinsburg hatte 2012 einen anderen Deal mit Temsa eingefädelt. Das Unternehmen eröffnete seinen bis dahin einzigen deutschen Servicestandort für Busse in Gera. Neben Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) war Schweinsburg an der Standortverhandlung beteiligt.
MDR Thüringen hatte Schweinsburg einen umfangreichen Fragenkatalog zu allen Vorwürfen zukommen lassen. Die Greizer Landrätin teilte lediglich mit, sie habe sich nichts vorzuwerfen und werde sich zu laufenden Verfahren der Staatsanwaltschaft nicht äußern.