Thüringische Landeszeitung (Gera)
Beiträge fällig für Ausbau ab 2006
Regierung einigt sich auf Stichtagsregelung
ERFURT. Die Einigung innerhalb der rot-rot-grünen Koalition steht. Thüringer Haus- und Grundstückseigentümer sollen künftig nur für den Ausbau jener Straßen zahlen, die nach dem 1. Januar 2006 gebaut wurden.
Der innenpolitischen Sprecher der Linke-Fraktion, Frank Kuschel, bestätigte den Kompromiss. „Das wird so kommen“, sagte er unserer Zeitung. Ähnlich äußerten sich auf Anfrage die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Matthias Hey und Dirk Adams.
Laut der aktuellen Thüringer Rechtslage müssen die Kommunen Anlieger rückwirkend bis 1991 an den Kosten für den grundhaften Ausbau der Straßen beteiligen. Die Beitragspflicht beruhte auf einem Grundsatzurteil des Oberverwaltungsgerichts Weimar aus dem Jahr 2005. Seitdem ist der Protest dagegen nie abgebrochen. Insbesondere die Linke setzt sich seit Jahren für eine umfassende Reform der Abgabe ein. Die Landtagsfraktion schätzte in einem Gutachten die Gesamtkosten für die Anlieger auf mehr als 200 Millionen Euro. Offizielle Berechnungen existieren nicht.
In einem Gesetzentwurf, der im Oktober vom Kabinett beschlossen werden soll, hatte Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) bereits eine deutliche Entlastung geplant. Er sah eine Stichtagsregelung zum 1. Januar 2000 vor – die nun nochmals um sechs Jahre zu Gunsten der Haus- und Grundstücksbesitzer nach hinten verschoben wird.
Dies bedeutet, dass Gemeinden nur bis Anfang 2006 rückwirkend Beiträge erheben müssen. Und: Kommunen, die bereits Beiträge für den Straßenausbau kassiert haben, die vor diesem Zeitpunkt gebaut wurden, können diese sogar gemäß Ermessen zurückzahlen.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Orte finanziell gut dastehen. Die Kriterien dafür sind umstritten. Das Innenministerium will nur den Gemeinden eine Rückzahlung ermöglichen, die bislang noch nie auf Notzuschüsse des Landes angewiesen waren. Die Linke plädiert für liberalere Regelungen.
Konsens besteht darüber, dass reiche Gemeinden in Zukunft ganz auf Straßenausbaubeiträge verzichten können. Die entsprechenden Ausnahmeregelungen sollen mit dem neuen Gesetz deutlich flexibilisiert werden.
Der Zeitplan sieht vor, dass der Entwurf nach dem Beschluss durch das Kabinett im November erstmals im Landtag beraten wird. Die Verabschiedung ist für Dezember geplant. Dann könnten die Erleichterungen mit Beginn des neuen Jahres in Kraft treten.
Die Thüringer Bürgerallianz gegen Kommunalabgaben sieht in der Stichtagsregelung nur einen ersten richtigen Schritt hin „zu einer gänzlichen Abschaffung“. Die Praxis im Land habe bewiesen, dass die meisten Kommunen auch ohne Straßenausbeiträge finanziell auskämen, hieß es. Die Allianz plant für diese Woche eine Demonstration vor dem Landtag, um ihre Forderungen zu bestärken.