Thüringische Landeszeitung (Gera)
Weniger Häftlinge, weniger Personal
Interessenvertretungen kritisieren Vorgehen des Justizministeriums: Arbeitsbelastung der Beamten zu hoch, Einschränkungen für die Gefangenen
ERFURT. In vier Jahren sollen noch 966 Justizbedienstete in Thüringer Gefängnissen arbeiten. Diese Zahl löst Kritik beim Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) und der Gewerkschaft der Polizei (GdP) aus. Sie vertreten die Interessen des Gefängnispersonals.
Die 966 sind aus Sicht des BSBD eher willkürlich gewählt. Es fehle eine Personalbedarfsberechnung als Grundlage, kritisiert Landeschef Jörg Bursian. Erst dann könne darüber geredet werden, wie viele Bedienstete pro Gefängnis erforderlich seien. Die letzte solche Berechnung stamme aus dem Jahr 2005. Doch seither sei ein neues Justizvollzugsgesetz beschlossen worden, das andere Anforderungen an den Strafvollzug stelle. Daher könne der Stellenabbau beim Personal nicht einfach mit sinkenden Gefangenenzahlen begründet werden, so Bursian.
Auch GdP-Landeschef Kai Christ kritisiert den sei 2013 laufenden Stellenschwund beim Gefängnispersonal. Nach seinen Angaben sank seither die Zahl der Justizbediensteten von 1027 auf 991 zum Jahresanfang. Mit Ausnahme der neuen Jugendstrafanstalt bei Arnstadt hätten alle Gefängnisse Personal verloren, erklärt er. Kai Christ sieht die Gefahr, dass die Arbeitsbelastung der verbliebenen Beamten immer weiter steige, aber auch Freizeitmaßnahmen oder Aufschlusszeiten der Gefangenen nicht mehr eingehalten werden könnten.
Das Thüringer Justizministerium bestätigt diese Entwicklung und verweist darauf, dass sich seit etwa zehn Jahren die Anzahl der Gefangenen verringert habe. Daher sei seit 2013 auch das Personal bei der Justiz verringert worden. Der Abbau soll sich bis 2020 fortsetzen. Laut Ministerium seien dann noch 966 Justizbedienstete für die Gefängnisse geplant.
Ein Ministeriumssprecher räumte ein, dass es bei „Arbeitsspitzen“zu Einschränkungen im normalen Tagesablauf kommen könne.
Er nennt unerwartet hohen Personalbedarf bei kurzfristig angesetzten Gerichtsvorführungen oder Krankenhausbehandlungen.
Es könne auch vorkommen, dass bei Krankheit von Beamten Vorführungen von Gefangenen ganz ausfallen müssten oder zeitweise Eigenbetriebe und Ausbildungsstätten für Gefangene geschlossen bleiben.
Dem soll durch eine „Optimierung“der Organisation der Gefängnisse entgegengewirkt werden, so das Ministerium.
Jörg Bursian wird deutlicher: Es komme vor, dass „Gefangene wegen fehlenden Personals an bestimmten Tage nicht arbeiten könnten“, obwohl es das Gesetz vorschreibt.