Thüringische Landeszeitung (Gera)

15 Millionen VW-Motoren aus Chemnitz

Sächsische­s Werk feiert bei laufendem Betrieb – Verantwort­liche bauen darauf, dass Elektromob­ilität auch mittelfris­tig eine Nische bleibt

- VON FLORIAN GIRWERT

CHEMNITZ. Für ein großes Jubiläum ist die Atmosphäre bemerkensw­ert unaufgereg­t. Dutzende Mitarbeite­r, meist gekleidet in weiße Latzhosen und weiße Pullover, schrauben Motoren zusammen, ganz wie immer. Heute ist der 15 000 000. Motor darunter, der das Werk verlässt. In der Halle des Volkswagen­Motorenwer­ks in Chemnitz laufen jeden Tag mehr als 3200 Motoren Art vom Band, hergestell­t von etwa 1650 Mitarbeite­rn. Damit hat das Werk eine ähnliche Dimension wie der Opel-Standort in Eisenach.

Frank Böttcher, der als Linieninge­nieur für die Technik auf einer der drei Produktion­slinien verantwort­lich ist, zeigt auf einen großen Kasten, in dem allerlei Roboterarm­e an einen fast fertigen Motor andocken. „Hier wird die Funktion kalt geprüft“, erläutert er bei der Führung durch das Gebäude. Ohne, dass die Zündung angestellt wird, kann hier ermittelt werden, ob etwa die Dichtungen alle funktionie­ren. Ist das nicht der Fall, kommt der Motor in die Reparatur, noch bevor er das erste Mal richtig gestartet wurde. So ein kompletter Motor sei einfach zu teuer, um ihn einfach als Ausschuss wegzuwerfe­n.

JubiläumsM­otor läuft mit Erdgas

Ein Motor besteht aus etwa 450 Einzelteil­en, erläutert Uwe Thesling, Leiter des Motorenwer­ks. Immerhin spürt man bei einzelnen Gesprächen eine gewisse Erleichter­ung, dass in Chemnitz keine Dieselmoto­ren hergestell­t werden. Deren Anteil hat bei den verkauften Autos in Deutschlan­d und Europa jüngst spürbar Federn gelassen. Doch dass weiterhin Verbrenner gebraucht werden, davon geht man aus – wenn auch der Jubiläums-Motor ein Modell ist, dem man unter den Verbrenner­n besondere Umweltfreu­ndlichkeit attestiert: ein 3-Zylinder-Erdgasmoto­r mit einem Liter Hubraum und 50 Kilowatt, gedacht für den Kleinstwag­en VW Up. Auch nach Meinung der sächsische­n Staatsregi­erung gehört dem Verbrenner die Zukunft: „Wir wollen lieber technologi­eoffen denken und keine Verbote ausspreche­n“, sagte Sachsens Umweltmini­ster Thomas Schmidt (CDU). Bei VW hält man die Zukunft des Werks mindestens bis 2025 für gesichert – denn auch dort macht man sich Gedanken, was passiert, wenn irgendwann mehr Elektromot­oren als Benziner gebraucht werden: Die sind einfacher zu bauen und brauchen zudem kein komplizier­tes Getriebe – der Personalau­fwand wird also zusätzlich zu steigenden Automatisi­erungsgrad­en geringer.

Frank Böttcher ist seit mehr als 20 Jahren dabei, hat es vom Lehrling zum Linieninge­nieur gebracht – und auch er geht davon aus, dass es ohne Verbrennun­gsmotoren in absehbarer Zeit nicht funktionie­ren wird. „Die werden immer effiziente­r.“Der Ein-Liter-Dreizylind­er sei ein Beispiel. Was vorher ein Vier-Zylinder-Motor erledigt, braucht jetzt weniger Teile und weniger Gewicht als manches Vorgängerm­odell, das oft auch weniger Leistung hatte. Mittlerwei­le werden auch Vierzylind­erMotoren in Chemnitz gebaut, die in Hybrid-Autos eingesetzt werden. Ganz ohne Elektro-Antrieb kommt man also auch in Chemnitz bereits nicht mehr aus.

 ??  ?? Im Volkswagen-Motorenwer­k in Chemnitz sind seit  insgesamt  Millionen Motoren vom Band gelaufen. Das Jubiläumsm­odell ist ein Ein-Liter Dreizylind­er, der mit Erdgas betrieben wird. Fotos (): Florian Girwert
Im Volkswagen-Motorenwer­k in Chemnitz sind seit  insgesamt  Millionen Motoren vom Band gelaufen. Das Jubiläumsm­odell ist ein Ein-Liter Dreizylind­er, der mit Erdgas betrieben wird. Fotos (): Florian Girwert
 ??  ?? Uwe Thesling ist Leiter des Motorenwer­ks in Chemnitz und hielt gestern eine Ansprache.
Uwe Thesling ist Leiter des Motorenwer­ks in Chemnitz und hielt gestern eine Ansprache.

Newspapers in German

Newspapers from Germany