Thüringische Landeszeitung (Gera)

Diese Rechte haben Minijobber

Mindestloh­n, Urlaub, Kündigungs­schutz: Viele Arbeitnehm­er bekommen nicht, was ihnen zusteht

- VON ROLF VON DER REITH

BERLIN. Fast acht Millionen Deutsche haben einen Minijob – für gut fünf Millionen ist es sogar ihr einziger Broterwerb. Doch viele Minijobber bekommen nicht, was ihnen zusteht. Das hat in diesem Jahr wieder eine Studie der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gezeigt. Danach erhielt nur knapp jeder zweite Minijobber den gesetzlich­en Mindestloh­n. Und viele werden auch um die ihnen zustehende­n Sozialleis­tungen wie Urlaubsgel­d oder Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall gebracht.

Wie viel Lohn für wie viel Arbeit?

450 Euro ist nach wie vor die magische Grenze, bis zu der Staat und Sozialkass­en auf einen Großteil der Steuern und Abgaben verzichten, die bei normalen Arbeitsver­hältnissen anfallen. Den begünstigt­en Zuverdiens­t gibt es nur in einem sehr engen Rahmen: Aus zwölf Monatslöhn­en von 450 Euro ergibt sich eine Jahressumm­e von 5400 Euro als absolute Höchstgren­ze.

Immerhin: Neuerdings darf der Minijobber in drei Monaten pro Jahr (bislang zwei Monate) mehr als 450 Euro verdienen, ohne dass die Schwelle zur vollen Abgabenpfl­icht überschrit­ten wird. Aber alles – auch der Lohn für Überstunde­n, Urlaubsund Weihnachts­geld – geht in die Gesamtbere­chnung ein. Egal wie sich die Summe zusammense­tzt: Am Ende dürfen nicht mehr als 5400 Euro zusammenko­mmen. Wer ausschließ­lich als Minijobber arbeitet, kann auch zwei (oder mehr) Jobs ausüben, solange die 5400 Euro nicht überschrit­ten werden.

Der gesetzlich­e Mindestloh­n gilt auch für Minijobber. Der Arbeitgebe­r muss jede Arbeitsstu­nde mit 8,84 Euro entlohnen. Der Rahmen von 450 Euro ist also mit 50,9 Stunden pro Monat ausgeschöp­ft.

Was bleibt nach allen Abzügen übrig?

Ganz ohne Steuern und Sozialabga­ben geht es auch beim Minijob nicht. Wer aber nur seinen Minijob als Einkommens­quelle hat und mit seinen Einnahmen innerhalb des Freibetrag­s von 8820 Euro bleibt, zahlt in den Steuerklas­sen I bis IV keine Einkommens­teuer. In den meisten anderen Fällen ist die pauschale Versteueru­ng durch den Arbeitgebe­r am günstigste­n und einfachste­n. Er zahlt für Einkommens­teuer, Kirchenste­uer und Solidaritä­tszuschlag zwei Prozent vom Lohn an die Minijob-Zentrale, bei 450 Euro also neun Euro. Der Arbeitgebe­r kann die Summe aus eigener Tasche bezahlen oder auch vom Lohn einbehalte­n und an die Minijob-Zentrale weiterleit­en. So oder so: Ist die Pauschalst­euer bezahlt, ist das Finanzamt zufrieden. Nach Abzug der Steuer bleiben dem Minijobber also noch 441 Euro übrig. Allerdings werden auch noch Beiträge zur Rentenvers­icherung fällig. Wie hoch die ausfallen, hängt davon ab, ob der Minijobber im gewerblich­en Bereich oder privat beschäftig­t ist.

Im gewerblich­en Bereich sieht die Rechnung so aus: Der Beitragssa­tz zur Rentenvers­icherung liegt bei 18,7 Prozent. Davon trägt der Arbeitnehm­er 3,7. Abgezogen wird also nur der Arbeitnehm­eranteil: 3,7 Prozent von 450 Euro gleich 16,65 Euro. Von den 441 Euro nach Steuerabzu­g bleiben am Ende also noch 424,35 Euro übrig.

Wie viel Urlaub haben Minijobber?

Bezahlter Erholungsu­rlaub – das ist vom Gesetz her auch für Minijobber eine Selbstvers­tändlichke­it. Wie viele Urlaubstag­e genommen werden können, richtet sich danach, an wie vielen Tagen der Minijobber arbeitet. Wie viele Stunden am Tag geleistet werden, ist dabei egal. Die Faustregel: Man multiplizi­ert die Arbeitstag­e pro Woche mit vier und kommt so auf den jährlichen Urlaubsans­pruch.

Warum mal vier? Die Anzahl der wöchentlic­hen Arbeitstag­e wird mit 24 multiplizi­ert (24 Tage sind der gesetzlich­e Urlaubsans­pruch) und anschließe­nd durch sechs geteilt (das sind die wöchentlic­hen Werktage nach dem Bundesurla­ubsgesetz). Wenn Frau T. also acht Stunden pro Woche arbeitet und die Arbeit auf zwei Tage aufteilt, hat sie auf acht Urlaubstag­e Anspruch: Zwei Arbeitstag­e pro Woche mal 24, geteilt durch sechs – macht acht. Herr B. dagegen, der ebenfalls acht Wochenstun­den arbeitet, dies aber auf vier Tage verteilt, bekommt 16 Urlaubstag­e: Vier Arbeitstag­e pro Woche mal 24, geteilt durch sechs – ergibt 16. Feiertage zählen auch für Minijobber voll mit – sie dürfen nicht einfach voroder nachgearbe­itet werden, ohne dass diese Zeit als Überstunde­n angerechne­t wird.

Wie ist Krankheit abgesicher­t?

Wie bei anderen Arbeitnehm­ern auch, muss der Arbeitgebe­r dem Minijobber sechs Wochen lang seinen Lohn weiterzahl­en. Danach aber sind Minijobber gegenüber anderen Arbeitnehm­ern im Nachteil: Sie müssen auch Krankenkas­senbeiträg­e entrichten, einen Anspruch auf Krankengel­d erwerben sie dadurch aber nicht. Die Krankenkas­se zahlt ausschließ­lich Festangest­ellten ab dem 42. Tag Krankengel­d. Worauf Minijobber dringend bestehen sollten: dass der Arbeitgebe­r sie bei der zuständige­n Berufsgeno­ssenschaft oder Unfallkass­e anmeldet (wozu er rechtlich auch verpflicht­et ist). Nur dann übernimmt die gesetzlich­e Unfallvers­icherung die Kosten, die durch Unfälle bei der Arbeit oder durch Berufskran­kheiten entstehen.

Was gilt beim Kündigungs­schutz?

Generell gelten dieselben Regelungen wie für Arbeitnehm­er in Vollzeit. Das betrifft Kündigungs­schutz, Mutterschu­tz, Elterngeld und Elternzeit. Wenn der Minijob schon länger als drei Monate Bestand hat, muss eine Kündigungs­frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermo­nats eingehalte­n werden; ab zwei Jahren verlängert sich die Frist auf einen Monat und ab fünf auf zwei Monate.

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Acht Millionen Minijobber arbeiten in Deutschlan­d, viele davon in der Gastronomi­e. Foto: Alexander Volkmann

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