Thüringische Landeszeitung (Gera)
Strom hat keine Farbe
Fakten & Gedanken von Stromkunden
GERA. Ist grüner Strom gleich Ökostrom? Aber warum grün? Woraus besteht er? Kann Strom farbig sein? Ist er teurer? Wenn ja, warum? Kommt er wirklich aus der Steckdose, wenn man ihn kauft? Wie groß ist der Ökostromanteil im Netz?
Der Begriff Ökostrom ist kein geschützter Begriff. Im Allgemeinen wird damit die ökologisch vertretbare, möglichst nachhaltige klima- und umweltfreundliche Stromerzeugung bezeichnet. Deshalb wird Ökostrom gerne als grüner Strom bezeichnet. Er wird aus den natürlichen Ressourcen Wasser, Biomasse, Sonne und Wind erzeugt.
Konventionell aus Braunkohle, Steinkohle oder Atomkraft erzeugter Strom wird dagegen als grauer Strom bezeichnet.
Da Ökostrom in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, ist er Teil des Energie – Mixes gemeinsam mit konventionell erzeugtem Strom. Der Kunde erhält daher nie „echten“Ökostrom, sondern eine Mischung aller Stromarten. Wer extra grünen Strom beziehen möchte, kann sicher sein, dass genau so viel Ökostrom ins Netz eingespeist wird, wie er als Kunde verbraucht.
Deutschland will bis 2025 den benötigten Strom durch 40 Prozent Ökostrom erzeugen und bis 2035 sogar auf 60 Prozent erhöhen.
2016 wurde bereits 30 Prozent Ökostrom-Anteil erreicht. Dieser wurde von fast zwei Millionen Erneuerbarer-EnergieAnlagen produziert. Das ist mehr, als Privathaushalte zurzeit verbrauchen.
Die Agentur für erneuerbare Energien veröffentlichte Daten, die belegen, dass 16-28 Prozent der Privatkunden mit Ökostrom beliefert werden.
Die Frage, ob er teurer ist, lässt sich so nicht beantworten. Die Preise für Ökostrom unterscheiden sich in Deutschland nur geringfügig. Graustrom-Angebote sind oft sogar teurer als grüne Energie.
Die Netzentgelte, die für die Bereitstellung des Stromnetzes und den Transport des Stroms berechnet werden, sind Hauptgrund für Preisunterschiede. In den ländlichen Regionen werden die Ökostrom-Anlagen gebaut, das führt zu höheren Netzausbau-Kosten. Diese werden regional an die Kunden weitergegeben.
Am stärksten betroffen von dieser Praxis sind die ländlichen Regionen Ostdeutschlands. Immer höhere Kosten verteilen sich auf immer weniger Kunden.
Viel interessanter ist, dass der Strompreis seit der Jahrtausendwende um 109 Prozent bzw. ca. 6 Prozent pro Jahr gestiegen ist. Die Steuern, Abgaben und Umlagen sind seit 2000 mehr als verdreifacht worden, von 5,19 auf 16,1 Cent. Die staatliche Belastung macht somit mehr als die Hälfte des Strompreises 55 Prozent aus.
Seit 2000 zahlen private und gewerbliche Verbraucher die EEG- Umlage ErneuerbareEnergien-Gesetz. Sie wird für den Ausbau des Ökostromnetzes benutzt.
2017 müssen pro Kilowattstunde 6,88 Cent auf das Umlagekonto gezahlt werden.
Private Stromkunden verbrauchen laut Bundesverband der Energie-und Wasserwirtschaft, kurz BDEW, 19 Prozent der zur Verfügung stehenden Strommenge. Sie müssen laut dem Strom-Report.de aber 36 Prozent der EEG-Umlage ca 8,8 Milliarden von insgesamt 24,2 Milliarden aufbringen. Weiter schreibt der Strom-Report.de, dass privilegierte Verbraucher, sogenannte energieintensive Industrien, teilweise oder sogar ganz von der Umlage befreit sind. 2016 profitierten 2137 Unternehmen.
Sie bekamen von insgesamt 648 Milliarden kWh Strom, der 2016 erzeugt wurde, eine begünstigte Strommenge von 107,2 Milliarden kWh.
Der Fehlbetrag, der auf dem Umlagekonto entsteht, geht zulasten kleiner und mittlerer Unternehmen sowie aller Privatkunden. Diese Tatsache lässt den Einen oder Anderen daran zweifeln, dass es sozial und gerecht zuginge.
Sie garantieren, dass der Stromanbieter nicht nur grünen Strom verkauft, sondern auch aktiv am Ausbau des Ökostromnetzes mitarbeitet.
Durch den Rückgang der Produktion von Strom aus Braunkohle, Kernenergie, Abschaltung des Reaktors Grafenheinfeld 2015 und Steinkohle gab es eine Abnahme der CO2 Emission um 1,6 Prozent gegenüber 2015.
Wie viele Thüringer Ökostrom beziehen, kann man nicht genau sagen. Durch über 1000 Ökostromanbieter mit über 8000 Tarifen deutschlandweit ist eine Recherche kaum möglich. Aber 37 Prozent des Stroms im Netz der TEAG – Netztochter TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co.KG stammt 2016 aus erneuerbaren Quellen.
Zum Schluss muss noch geklärt werden, ob Strom farbig ist. Für das Auge ist er natürlich unsichtbar.
Da wir Menschen den Ökostrom mit Grün und den konventionellen Strom mit Grau assoziieren, ist er doch irgendwie farbig.
Sicherlich wird es noch einige Jahre dauern, bis aus allen privaten Steckdosen grüner Strom fließt, fest steht aber, durch den Wechsel zu einem Ökostromanbieter spart ein durchschnittlicher Haushalt rein rechnerisch 1,5-2 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr.
Das produziert zum Beispiel ein Mittelklasseauto mit 12000 km im Jahr. Außerdem könnten fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gespart werden, wenn jeder Haushalt auf LED umstellen würde.
Wer dann noch auf Ökostrom mit den richtigen zertifizierten Labels setzt und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien fördert, hat die Zeichen der Zeit verstanden.