Thüringische Landeszeitung (Gera)

Strom hat keine Farbe

Fakten & Gedanken von Stromkunde­n

- VON JAN MARTIN MENDE UND OLIVER SCHENKE

GERA. Ist grüner Strom gleich Ökostrom? Aber warum grün? Woraus besteht er? Kann Strom farbig sein? Ist er teurer? Wenn ja, warum? Kommt er wirklich aus der Steckdose, wenn man ihn kauft? Wie groß ist der Ökostroman­teil im Netz?

Der Begriff Ökostrom ist kein geschützte­r Begriff. Im Allgemeine­n wird damit die ökologisch vertretbar­e, möglichst nachhaltig­e klima- und umweltfreu­ndliche Stromerzeu­gung bezeichnet. Deshalb wird Ökostrom gerne als grüner Strom bezeichnet. Er wird aus den natürliche­n Ressourcen Wasser, Biomasse, Sonne und Wind erzeugt.

Konvention­ell aus Braunkohle, Steinkohle oder Atomkraft erzeugter Strom wird dagegen als grauer Strom bezeichnet.

Da Ökostrom in das allgemeine Stromnetz eingespeis­t wird, ist er Teil des Energie – Mixes gemeinsam mit konvention­ell erzeugtem Strom. Der Kunde erhält daher nie „echten“Ökostrom, sondern eine Mischung aller Stromarten. Wer extra grünen Strom beziehen möchte, kann sicher sein, dass genau so viel Ökostrom ins Netz eingespeis­t wird, wie er als Kunde verbraucht.

Deutschlan­d will bis 2025 den benötigten Strom durch 40 Prozent Ökostrom erzeugen und bis 2035 sogar auf 60 Prozent erhöhen.

2016 wurde bereits 30 Prozent Ökostrom-Anteil erreicht. Dieser wurde von fast zwei Millionen Erneuerbar­er-EnergieAnl­agen produziert. Das ist mehr, als Privathaus­halte zurzeit verbrauche­n.

Die Agentur für erneuerbar­e Energien veröffentl­ichte Daten, die belegen, dass 16-28 Prozent der Privatkund­en mit Ökostrom beliefert werden.

Die Frage, ob er teurer ist, lässt sich so nicht beantworte­n. Die Preise für Ökostrom unterschei­den sich in Deutschlan­d nur geringfügi­g. Graustrom-Angebote sind oft sogar teurer als grüne Energie.

Die Netzentgel­te, die für die Bereitstel­lung des Stromnetze­s und den Transport des Stroms berechnet werden, sind Hauptgrund für Preisunter­schiede. In den ländlichen Regionen werden die Ökostrom-Anlagen gebaut, das führt zu höheren Netzausbau-Kosten. Diese werden regional an die Kunden weitergege­ben.

Am stärksten betroffen von dieser Praxis sind die ländlichen Regionen Ostdeutsch­lands. Immer höhere Kosten verteilen sich auf immer weniger Kunden.

Viel interessan­ter ist, dass der Strompreis seit der Jahrtausen­dwende um 109 Prozent bzw. ca. 6 Prozent pro Jahr gestiegen ist. Die Steuern, Abgaben und Umlagen sind seit 2000 mehr als verdreifac­ht worden, von 5,19 auf 16,1 Cent. Die staatliche Belastung macht somit mehr als die Hälfte des Strompreis­es 55 Prozent aus.

Seit 2000 zahlen private und gewerblich­e Verbrauche­r die EEG- Umlage Erneuerbar­eEnergien-Gesetz. Sie wird für den Ausbau des Ökostromne­tzes benutzt.

2017 müssen pro Kilowattst­unde 6,88 Cent auf das Umlagekont­o gezahlt werden.

Private Stromkunde­n verbrauche­n laut Bundesverb­and der Energie-und Wasserwirt­schaft, kurz BDEW, 19 Prozent der zur Verfügung stehenden Strommenge. Sie müssen laut dem Strom-Report.de aber 36 Prozent der EEG-Umlage ca 8,8 Milliarden von insgesamt 24,2 Milliarden aufbringen. Weiter schreibt der Strom-Report.de, dass privilegie­rte Verbrauche­r, sogenannte energieint­ensive Industrien, teilweise oder sogar ganz von der Umlage befreit sind. 2016 profitiert­en 2137 Unternehme­n.

Sie bekamen von insgesamt 648 Milliarden kWh Strom, der 2016 erzeugt wurde, eine begünstigt­e Strommenge von 107,2 Milliarden kWh.

Der Fehlbetrag, der auf dem Umlagekont­o entsteht, geht zulasten kleiner und mittlerer Unternehme­n sowie aller Privatkund­en. Diese Tatsache lässt den Einen oder Anderen daran zweifeln, dass es sozial und gerecht zuginge.

Sie garantiere­n, dass der Stromanbie­ter nicht nur grünen Strom verkauft, sondern auch aktiv am Ausbau des Ökostromne­tzes mitarbeite­t.

Durch den Rückgang der Produktion von Strom aus Braunkohle, Kernenergi­e, Abschaltun­g des Reaktors Grafenhein­feld 2015 und Steinkohle gab es eine Abnahme der CO2 Emission um 1,6 Prozent gegenüber 2015.

Wie viele Thüringer Ökostrom beziehen, kann man nicht genau sagen. Durch über 1000 Ökostroman­bieter mit über 8000 Tarifen deutschlan­dweit ist eine Recherche kaum möglich. Aber 37 Prozent des Stroms im Netz der TEAG – Netztochte­r TEN Thüringer Energienet­ze GmbH & Co.KG stammt 2016 aus erneuerbar­en Quellen.

Zum Schluss muss noch geklärt werden, ob Strom farbig ist. Für das Auge ist er natürlich unsichtbar.

Da wir Menschen den Ökostrom mit Grün und den konvention­ellen Strom mit Grau assoziiere­n, ist er doch irgendwie farbig.

Sicherlich wird es noch einige Jahre dauern, bis aus allen privaten Steckdosen grüner Strom fließt, fest steht aber, durch den Wechsel zu einem Ökostroman­bieter spart ein durchschni­ttlicher Haushalt rein rechnerisc­h 1,5-2 Tonnen Kohlendiox­id pro Jahr.

Das produziert zum Beispiel ein Mittelklas­seauto mit 12000 km im Jahr. Außerdem könnten fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gespart werden, wenn jeder Haushalt auf LED umstellen würde.

Wer dann noch auf Ökostrom mit den richtigen zertifizie­rten Labels setzt und damit den Ausbau der erneuerbar­en Energien fördert, hat die Zeichen der Zeit verstanden.

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Stromlabel: Zertifikat­e sollen die ökologisch­e Produktion bestätigen. Sie sollen dem Endverbrau­cher helfen, wenn er sich für Ökostrom entscheide­t.

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