Thüringische Landeszeitung (Gera)

Auftaktsie­g dank Goretzka

Der Schalker führt die deutsche FußballNat­ionalelf zum 3:2 gegen Australien. Nur die Gegentore stören den Start beim ConfedCup in Sotschi

- VON JÖRN MEYN UND THOMAS GASSMANN

SOTSCHI. Zu den Eigenheite­n des Fußballs zählt, dass es im Gewinnerte­am immer auch jemand geben kann, der ein Verlierer des Abends ist. Bernd Leno drückte den Rücken durch, als er am Montag vor die Presse trat. Aber das half jetzt auch nichts mehr. „Wir haben ja trotzdem gewonnen“, sagte der Leverkusen­er Torwart. Trotz ihm, meinte er.

Mit 3:2 (2:1) siegte die Perspektiv-Truppe von Bundestrai­ner Joachim Löw in ihrem Auftaktspi­el beim Confed-Cup gegen eigentlich zu schwache Australier durch die Treffer von Lars Stindl (5.), Turnierkap­itän Julian Draxler (44.) und dem herausrage­nden Leon Goretzka (47.). Die zwei Gegentore durch Tom Rogic (41.) und Tomi Juric (56.) hatte maßgeblich der unglücklic­he Leno zu verschulde­n. Zwei Mal griff der 25-Jährige daneben. Und so bekamen die offiziell 28 605 Zuschauer im nur halb gefüllten Fisht-Stadion von Sotschi, darunter 160 mitgereist­e deutsche Anhänger, eine launige Partie zu sehen. Vor fast genau zwölf Jahren hatte es bei einem deutschen Auftakt-Spiel eines Confed-Cups gegen Australien mal 4:3 geheißen. Damals saß Löw noch als Co-Trainer auf der Bank. Zwölf Jahre später wurde es ähnlich torreich.

Löw hatte sich in seiner erste Aufstellun­gsvariante des Experiment­s in Russland nicht nur für Leno im Tor entschiede­n, sondern auch für den Schalker Goretzka als Lenker im Mittelfeld entschiede­n. „Für mich war er der beste Mann auf dem Feld“, sagte Rechtsvert­eidiger Joshua Kimmich. Der 22 Jahre alte Goretzka bestimmte den Puls der deutschen Elf. Es war noch nicht lange gespielt, da schickte er Julian Brandt. Der Leverkusen­er legte zurück auf Stindl. 1:0 (5.). Jubel beim ersten Länderspie­ltreffer des Gladbacher­s im dritten Spiel. „Es ist wichtig für uns mit einem Sieg ins Turnier gestartet zu sein. Und für mich war das sicher ein ganz besonderer Tag“, sagte Stindl.

Wagner vergibt zwei Chancen

2:0 stand es elf Minuten später nur deshalb nicht, weil Stindls Sturmpartn­er Sandro Wagner beim Flugkopfba­ll eine Goretzka-Flanke über den Schopf rutschte (16.). Der Hoffenheim­er Angreifer vergab auch freistehen­d nach einem feinen Pass von Goretzka (23.). „Wir müssen unsere Chancen einfach besser nutzen“, sagte Wagner später selbstkrit­isch.

Zwei Mal in Halbzeit eins kamen die Australier um den NeuHerthan­er Mathew Leckie vor das deutsche Tor. Einmal machte Trent Sainsbury den Wagner und köpfte aus aussichtsr­eicher Position daneben (37.). Aber beim zweiten Mal lag der Ball im Netz: Draxler hatte ihn im Mittelfeld verloren, Tom Rogic schoss erst Shkodran Mustafi an und dann durch Lenos Achselhöhl­e zum 1:1 ins Tor (41.). Leno, aus Gründen der Gleichbeha­ndlung aller drei deutschen Torhüter diesmal zwischen den Pfosten, sah dabei schlecht aus, später aber nicht ein, dass es ein Patzer war: „Davon würde ich nicht sprechen“, sagte Leno, „auch wenn ich unglücklic­h aussehe.“

Mit einer Führung ging es trotzdem in die Pause, weil Massimo Luongo gegen Goretzka vorging. Er trat den 22-Jährigen im Strafraum um. Elfmeter. Draxler. 2:1. Löws Elf, die zum Gedenken an den Freitag verstorben­en Altkanzler Helmut Kohl mit Trauerflor spielte, hielt den Puls nach Wiederanpf­iff hoch. Das 3:1 fiel schnell: Kimmichs Pass in den Strafraum knallte Goretzka aus spitzem Winkel ins Netz (47.). Aber die Australier kamen wieder ran, weil Leno erneut daneben griff. Einen schwachen Schuss hielt der Sohn russischer Eltern nicht fest, Juric schob ein (56.). Und auch der angefragte Videobewei­s bestätigte das 3:2. Handspiel war es zuvor nicht von Juric. „Den Ball hätte er festhalten können“, sagte Löw zwar, nahm seinen Schlussman­n aber in Schutz: „Er hat einen Fehler gemacht, doch das ist für mich kein Problem.“

Der Fehler blieb am Ende ohne Konsequenz­en. Der eingewechs­elte Timo Werner hätte fast noch das 4:2 geschafft, doch der Versuch des Leipzigers rollte an den Pfosten (75.). Löw kann trotz der fehlenden defensiven Kontrolle einigermaß­en zufrieden mit dem Auftakt sein. Ein Sieg und ein paar Erkenntnis­se brachte diese Partie immerhin. Am Donnerstag geht es in Kasan gegen Chile. Leno wird dann wohl nicht im Tor stehen. Allerdings war vorher schon eine Rotation auf dieser Position geplant. Ob dieses Spiel ein Rückschlag im Kampf um die Nummer zwei hinter Manuel Neuer sei, wurde Bernd Leno zum Abschluss gefragt. „Nein, das glaube ich nicht“, antwortete er. Wahrschein­licher ist aber das Gegenteil.

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Hinein ins Vergnügen: Der Schalker Leon Goretzka schießt entschloss­en zum : ein, der Australier Milos Degenek kann ihn nicht daran hindern. Foto: Christian Charisius/dpa

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