Thüringische Landeszeitung (Gera)
Neues Finanzierungsmodell soll Belastung durch Pensionen dämpfen
Pidde: Der Freistaat hat unter Regierungsverantwortung der CDU systematisch die Augen vor diesen finanziellen Verpflichtungen verschlossen
ERFURT. Um die rapide steigende Belastung für den Landeshaushalt durch Beamtenpensionen zu dämpfen, plant die rotrot-grüne Landesregierung ein neues Finanzierungsmodell, das den bisherigen Pensionsfonds ablöst. Für jeden neuen Beamten sollen jährlich 5500 Euro Schulden getilgt werden.
„Wir erreichen damit über viele Jahre eine höhere Planungssicherheit. So dass die Last des Freistaates in Bezug auf Zinszahlungen perspektivisch in etwa halbiert wird“, sagte Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert (SPD) im Gespräch mit dieser Zeitung.
Für das Jahr 2018 geht das Finanzministerium von einer Tilgung in Höhe von 24,8 Millionen Euro aus. Für 2019 von 34,7 Millionen Euro. 2020 sollen es 40,2 Millionen Euro sein.
Die Höhe des Anfangsbetrages und der Beträge bis 2020 beruhen insbesondere auf dem Wechsel bei der Lehrerverbeamtung. Durch die Verbeamtung von bis zu etwa 3300 sogenannten Bestandslehrern ab diesem Jahr komme es zu einer gewissen „Verzerrung“bei den Beträgen in den Jahren 2018 bis 2019, heißt es in der der TLZ vorliegenden Kabinettsvorlage.
Dieser „Sondereffekt“werde spätestens ab 2020 entfallen. Sollte die tatsächliche Verbeamtung von den Prognosen abweichen, könne dies im Vollzug über den Deckungsvermerk ausgeglichen werden.
Darüber hinaus wurde in den Jahren bis 2020 von der Verbeamtung von jährlich 500 neuen Lehrern und 500 sonstigen Verbeamtungen
Staatssekretär Hartmut Schubert (SPD)
ausgegangen. Ab
2021 wird in der Prognose mit
800 neuen jährlichen Verbeamtungen kalkuliert. Dabei handele es sich jedoch nicht um eine verbindliche Festlegung, betonen die Fachleute aus dem Finanzministerium. Die Prognose könne bei jeder Haushaltsaufstellung angepasst werden, Fehlprognosen würden über den Deckungsvermerk aufgefangen. Die Tilgung soll entsprechend jährlich steigen. 2025 wird ein Betrag in Höhe von 62,2 Millionen Euro prognostiziert. Der Belastung durch die Tilgungsverpflichtung stehen jedoch langfristig Zinsersparnisse gegenüber. „Die eingesparten Zinsen sollen Spielräume schaffen, um die Versorgung zu finanzieren“, erläutert Schubert. Denn die steht mit dem derzeitigen Pensionsfonds auf einem unsicheren Fundament. Das Volumen des Fonds beläuft sich aktuell auf 252 Millionen Euro. Dieser Betrag würde aber schon 2020 nicht mehr reichen, um die jährliche Beamtenversorgung abzudecken, die sich dem Pensionsbericht der Landesregierung zufolge dann auf mindestens 262 Millionen Euro summiert.
Wird eine einprozentige Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst angenommen, werden 2039 etwa 834 Millionen Euro fällig, bei einem Zuwachs von drei Prozent könnten es sogar rund 1,3 Milliarden Euro sein.
Für den SPD-Finanzpolitiker Werner Pidde sind die Zahlen des Regierungsberichtes Mahnung und Handlungsauftrag zugleich. Er kritisiert: „Der Freistaat hat unter Regierungsverantwortung der CDU systematisch die Augen vor diesen finanziellen Verpflichtungen verschlossen und das Instrument der Verbeamtung gar als vermeintliches Instrument zum Sparen missbraucht.“Die Umsetzung der Forderung der SPDFraktion nach mehr Vorsorge für diese Lasten sei von der Union über viele Jahre hinweg mit fadenscheinigen Begründungen blockiert worden.
Voraussichtlich am 1. August soll das „Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung“, wie der Wechsel zum Schuldentilgungsmodell offiziell heißt, in den zweiten Kabinettsdurchgang. Der Pensionsfonds bleibe vorerst bestehen, wird aber nicht mehr gespeist, so Finanzstaatssekretär Schubert. Eine Fortführung sei nicht zweckmäßig. „Es ist zum einen nicht sinnvoll, Rücklagen zu bilden, während das Land gleichzeitig eine hohe Verschuldung aufweist“, sagt er. Zum anderen würden die Zuführungen zu Lasten der aktiven Beamten finanziert, deren Besoldungserhöhungen um 0,2 Prozentpunkte verringert würden.
Ende des Jahres könnte der Landtag das Gesetz verabschieden. Es soll Anfang 2018 rückwirkendend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.
„Wir erreichen damit über viele Jahre höhere Planungssicherheit. Die Last in Bezug auf Zinszahlungen wird in etwa halbiert.“