Thüringische Landeszeitung (Gera)
Behörden haben 650 gewaltbereite Fußballfans im Visier
Größte HooliganSzene bei RotWeiß Erfurt und Carl Zeiss Jena – Zahl der Stadionverbote seit Jahren rückläufig
ERFURT. Etwa 650 Fußballfans in Thüringen gelten bei Sicherheitsbehörden als gewaltbereit. Rund 150 von ihnen suchen sogar immer wieder gezielt gewalttätige Auseinandersetzungen, wie aus einer Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Anfrage des CDU-Innenpolitikers Raymond Walk hervorgeht.
Hooligans oder Ultras gelten bei Sicherheitsbehörden als Fußballfans der Kategorie C. Die übrigen etwa 500 Problemfans ordnet die Polizei der Kategorie B zu: Sie neigten gelegentlich und anlassbezogen zu Gewalt, suchten aber nicht gezielt die Konfrontation, heißt es in der Antwort des Innenministeriums.
Gewalttätige Sportfans stellen die Polizei immer wieder vor große, auch personelle Herausforderungen. Fußballspiele, zu denen solche Fans erwartet werden, müssen oft mit Hunderten Beamten abgesichert werden. Das kostet Geld. In der Vergangenheit gab es deshalb Diskussionen, ob die Vereine an den Kosten solcher Polizeieinsätze beteiligt werden sollten.
Der Präsident des Thüringer Rechnungshofes, Sebastian Dette, hatte im Zuge dieser Diskussion vor wenigen Monaten vorgeschlagen, einen Fonds zu bilden, in den Fußballvereine einzahlen sollen, um daraus zumindest einen Teil der Kosten für die Absicherung der Spiele zu finanzieren. Auch bei der Sicherheit im Fußball müsse gelten, dass derjenige, der einen besonderen Nutzen von Dienstleistungen habe, für diese auch bezahle, sagte Dette damals. Immerhin werde im Fußball viel Geld verdient. Es dürfe nicht sein, „dass die Gewinne privatisiert werden, aber die Allgemeinheit auf den Kosten der Sicherheit sitzen bleibt“. Nach Einschätzung der Landespolizei gehören die Problemfans zum Umfeld von fünf Thüringer Fußballvereinen, von denen zwei jeweils mehrere hundert polizeilich bekannte Hooligans oder Ultras als Anhänger haben. Beim FC Rot-Weiß Erfurt geht die Polizei demnach von insgesamt etwa 320 Fans der Kategorien B und C aus, heißt es in der Antwort des Innenministeriums. Beim FC Carl-Zeiss Jena belaufe sich die vergleichbare Zahl auf 250 Problemfans. Eine jeweils zweistellige Zahl von polizeilich bekannten Gewalttätern im Sport gebe es auch beim FSV Wacker Nordhausen, bei der BSG Wismut Gera und dem ZFC Meuselwitz. Vereine aus Sportarten jenseits des Fußballs werden in der Antwort nicht erwähnt.
Unterdessen ist die Zahl der Thüringer gesunken, die mit einem Stadionverbot des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) belegt sind. Derzeit dürften 15 Thüringer nicht in die Sportanlagen, heißt es in der Antwort des Innenministeriums. Im Jahr 2015 hatten noch 25 Menschen aus dem Freistaat ein Stadionverbot des DFB. Seitdem sei ihre Zahl rückläufig.
Hooligans bei fünf Thüringer Vereinen
Szenekundige Beamte und Fanprojekte
Dieser Rückgang habe auch damit zu tun, dass es im Fußball inzwischen eine konstruktive Zusammenarbeit von Vereinen, Verbänden, Polizei, Sicherheitsfirmen, Fanprojekten und Kommunen gebe. Zudem hätten szenekundige Beamte der Thüringer Polizei durch ein deeskalierendes Auftreten vor, während und nach Fußballspielen viele brenzlige Situationen entschärfen können. (dpa)