Thüringische Landeszeitung (Gera)
Thügida-Köpfe organisieren sich bei den „Republikanern“neu
Der Thüringer Verfassungsschutz beobachtet die Entwicklung aufmerksam, die bisher aber nur aus Ankündigungen im Internet besteht
ERFURT/GREIZ. Die Sicherheitsbehörden schauen genau hin. Morgen startet in Erfurt ein Probelauf von Neonazis: Unter dem Namen „Die Republikaner“protestieren sie unter anderem gegen den geplanten Moscheebau im Ortsteil Marbach.
Versucht neuerdings eine fast vergessene rechtsradikale Splitterpartei, Kapital aus den islamfeindlichen Aktionen in Thüringen zu schlagen? Nicht ganz. Hinter den „Republikanern“stehen in diesem Fall führende Neonazis der selbst ernannten „Volksbewegung Thügida“, die schon in der Vergangenheit mehrfach rassistische Kundgebungen gegen den Erfurter Moscheebau veranstaltet hatte.
David Köckert aus Ostthüringen, Jens Wilke aus Niedersachsen und der Leipziger Alexander Kurth werben seit Wochen vehement dafür, dass es eine „Alternative zur Alternative“brauche. Dahinter steckt der Plan, frustrierte Mitglieder oder ExMitglieder der „Alternative für Deutschland“einzusammeln, diese aber nicht der rechtsextremen NPD zu überlassen, mit der gerade Köckert seit zwei Jahren über Kreuz liegt.
Köckert selbst, der für die Bürgermeisterwahl in Greiz nicht zugelassen wurde, kündigt seit Tagen an, dass die „Republikaner“bei mehreren Wahlen antreten würden. Für die Europawahl wird auf der Internetseite des Bundesverbandes zumindest Wilke als einer von bisher drei Kandidaten angekündigt. Zwölf weitere sollen folgen.
Zu den Aktivitäten der „Republikaner“in Mitteldeutschland und von Neumitgliedern aus alten Neonazi-Strukturen schreibt das Online-Portal „Blick nach Rechts“in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Text: „Ein ‚Überläufer‘ mit Parteierfahrung ist zudem Marco Wruck aus Bautzen, der im vergangenen Sommer nach internen Streitigkeiten von der NPD rausgeschmissen wurde und neuerdings REP-Bezirksbeauftragter für Ostsachsen sowie Kandidat für die Europawahl ist. Auch Köckert und Kurth waren in der Vergangenheit als NPDFunktionäre gelistet.“
Der Ostthüringer Köckert war bis Februar 2016 Organisationsleiter bei der rechtsextremen NPD, überwarf sich dann aber mit der Partei. Stattdessen suchte er sein Heil in Hass- und Hetzveranstaltungen auf Thüringens Straßen. Jena und Erfurt zählten genauso zu den Veranstaltungsorten wie viele kleinere Orte in Niedersachsen, Sachsen und Thüringen. Zwischenzeitlich gelang dann die Vernetzung mit Kurth und Wilke. Letzterer bekam vor etwas mehr als einem Jahr Polizeibesuch. Ihm und weiteren Personen wurde vorgeworfen, eine bewaffnete Gruppe gebildet zu haben. Unter den Beschuldigten im Jahr 2017 war Gianluca B. Die seinerzeit in Fretterode (Landkreis Eichsfeld) in Thüringen durchsuchte Wohnung soll von ihm bewohnt worden sein. Er gilt als politischer Ziehsohn des NPD-Landesvorsitzenden Thorsten Heise. B. rückte zuletzt in den Polizeifokus nach einem Angriff auf zwei Journalisten in Fretterode. Er soll einer der Beschuldigten sein, denen unter anderem schwerer Raub vorgeworfen wird. Die Ermittlungen in dem Fall stagnieren.
Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer beobachtet die Entwicklung in der Szene aufmerksam. Thügida, sagt er, habe sich auf dem absteigenden Ast befunden und in den vergangenen Monaten nicht mehr in dem Ausmaß mobilisieren können, wie das vor zwei Jahren der Fall gewesen ist. Gleichwohl „REP“kein neues Label sei, „ist die Szene mitnichten geschwächt“, warnt Kramer davor, die Ausrichtung der Thügida-Führung als Beleg dafür zu sehen, dass die rechtsextreme Szene sich weiter spaltet.
Bisher sind „Die Republikaner“anders als Thügida kein Beobachtungsobjekt des Thüringer Verfassungsschutzes. Das könnte sich ändern – zumindest dann, wenn die vollmundigen Ankündigungen des Spitzentrios ansatzweise in die Tat umgesetzt werden. Ein erster Anhaltspunkt, wie viel Mobilisierungskraft wirklich dahinter steckt, könnte morgen die Kundgebung in Erfurt sein.
(Noch?) kein Beobachtungsobjekt