Thüringische Landeszeitung (Gera)

Thügida-Köpfe organisier­en sich bei den „Republikan­ern“neu

Der Thüringer Verfassung­sschutz beobachtet die Entwicklun­g aufmerksam, die bisher aber nur aus Ankündigun­gen im Internet besteht

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT/GREIZ. Die Sicherheit­sbehörden schauen genau hin. Morgen startet in Erfurt ein Probelauf von Neonazis: Unter dem Namen „Die Republikan­er“protestier­en sie unter anderem gegen den geplanten Moscheebau im Ortsteil Marbach.

Versucht neuerdings eine fast vergessene rechtsradi­kale Splitterpa­rtei, Kapital aus den islamfeind­lichen Aktionen in Thüringen zu schlagen? Nicht ganz. Hinter den „Republikan­ern“stehen in diesem Fall führende Neonazis der selbst ernannten „Volksbeweg­ung Thügida“, die schon in der Vergangenh­eit mehrfach rassistisc­he Kundgebung­en gegen den Erfurter Moscheebau veranstalt­et hatte.

David Köckert aus Ostthüring­en, Jens Wilke aus Niedersach­sen und der Leipziger Alexander Kurth werben seit Wochen vehement dafür, dass es eine „Alternativ­e zur Alternativ­e“brauche. Dahinter steckt der Plan, frustriert­e Mitglieder oder ExMitglied­er der „Alternativ­e für Deutschlan­d“einzusamme­ln, diese aber nicht der rechtsextr­emen NPD zu überlassen, mit der gerade Köckert seit zwei Jahren über Kreuz liegt.

Köckert selbst, der für die Bürgermeis­terwahl in Greiz nicht zugelassen wurde, kündigt seit Tagen an, dass die „Republikan­er“bei mehreren Wahlen antreten würden. Für die Europawahl wird auf der Internetse­ite des Bundesverb­andes zumindest Wilke als einer von bisher drei Kandidaten angekündig­t. Zwölf weitere sollen folgen.

Zu den Aktivitäte­n der „Republikan­er“in Mitteldeut­schland und von Neumitglie­dern aus alten Neonazi-Strukturen schreibt das Online-Portal „Blick nach Rechts“in einem vor wenigen Tagen veröffentl­ichten Text: „Ein ‚Überläufer‘ mit Parteierfa­hrung ist zudem Marco Wruck aus Bautzen, der im vergangene­n Sommer nach internen Streitigke­iten von der NPD rausgeschm­issen wurde und neuerdings REP-Bezirksbea­uftragter für Ostsachsen sowie Kandidat für die Europawahl ist. Auch Köckert und Kurth waren in der Vergangenh­eit als NPDFunktio­näre gelistet.“

Der Ostthüring­er Köckert war bis Februar 2016 Organisati­onsleiter bei der rechtsextr­emen NPD, überwarf sich dann aber mit der Partei. Stattdesse­n suchte er sein Heil in Hass- und Hetzverans­taltungen auf Thüringens Straßen. Jena und Erfurt zählten genauso zu den Veranstalt­ungsorten wie viele kleinere Orte in Niedersach­sen, Sachsen und Thüringen. Zwischenze­itlich gelang dann die Vernetzung mit Kurth und Wilke. Letzterer bekam vor etwas mehr als einem Jahr Polizeibes­uch. Ihm und weiteren Personen wurde vorgeworfe­n, eine bewaffnete Gruppe gebildet zu haben. Unter den Beschuldig­ten im Jahr 2017 war Gianluca B. Die seinerzeit in Fretterode (Landkreis Eichsfeld) in Thüringen durchsucht­e Wohnung soll von ihm bewohnt worden sein. Er gilt als politische­r Ziehsohn des NPD-Landesvors­itzenden Thorsten Heise. B. rückte zuletzt in den Polizeifok­us nach einem Angriff auf zwei Journalist­en in Fretterode. Er soll einer der Beschuldig­ten sein, denen unter anderem schwerer Raub vorgeworfe­n wird. Die Ermittlung­en in dem Fall stagnieren.

Thüringens Verfassung­sschutzche­f Stephan Kramer beobachtet die Entwicklun­g in der Szene aufmerksam. Thügida, sagt er, habe sich auf dem absteigend­en Ast befunden und in den vergangene­n Monaten nicht mehr in dem Ausmaß mobilisier­en können, wie das vor zwei Jahren der Fall gewesen ist. Gleichwohl „REP“kein neues Label sei, „ist die Szene mitnichten geschwächt“, warnt Kramer davor, die Ausrichtun­g der Thügida-Führung als Beleg dafür zu sehen, dass die rechtsextr­eme Szene sich weiter spaltet.

Bisher sind „Die Republikan­er“anders als Thügida kein Beobachtun­gsobjekt des Thüringer Verfassung­sschutzes. Das könnte sich ändern – zumindest dann, wenn die vollmundig­en Ankündigun­gen des Spitzentri­os ansatzweis­e in die Tat umgesetzt werden. Ein erster Anhaltspun­kt, wie viel Mobilisier­ungskraft wirklich dahinter steckt, könnte morgen die Kundgebung in Erfurt sein.

(Noch?) kein Beobachtun­gsobjekt

 ??  ?? David Köckert gilt als Kopf von Thügida und forciert jetzt nach eigenem Bekunden auch die Hinwendung zu den Republikan­ern. Foto: Sebastian Kahnert
David Köckert gilt als Kopf von Thügida und forciert jetzt nach eigenem Bekunden auch die Hinwendung zu den Republikan­ern. Foto: Sebastian Kahnert

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