Thüringische Landeszeitung (Gera)

Roboter Paul im Dauereinsa­tz für Senioren

In 20 Erfurter Haushalten testeten die Entwickler des elektronis­chen Assistente­n „Sympartner“dessen Alltagstau­glichkeit – Bund fördert Projekt mit 1,7 Millionen Euro

- VON PETER RATHAY

ERFURT. Die Klopfzeich­en, die aus Pauls Lautsprech­er schallen, sind kaum zu überhören. Zeit zum Aufstehen. Der Roboter steht geduldig vor der Schlafzimm­ertür, freudig bewegt er seine Ohren hin und her. Arme hat der kleine Kerl nicht, leider. „Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“, surrt die Stimme. Dann begleitet Paul die Seniorin Jutta Conrad in die Küche.

Wenig später hat das elektronis­che Gehirn bereits die Termine des Tages gecheckt. Und er versorgt die 64-Jährige mit den neuesten Nachrichte­n. „Heute ist schönes Wetter, möchtest du nicht etwas spazieren gehen?“, fragt Paul plötzlich. Noch eine artige Verabschie­dung an der Haustür – und dann gönnt sich Paul ein kleines Nickerchen an der Ladestatio­n.

Der nur 1,45 Meter große Roboter ist Hauptakteu­r des Verbundpro­jektes „Sympartner“. Seit Dezember vergangene­n Jahres wurde der autonome Begleiter in 20 Senioren-Haushalten in Erfurt auf seine Wirksamkei­t, Alltagstau­glichkeit und Akzeptanz getestet. Das Bundesfors­chungsmini­sterium hat das dreijährig­e Vorhaben mit mehr als 1,7 Millionen Euro gefördert. Umgesetzt wurde es von sechs Partnern, die ihr Wissen und ihr Know-how einbrachte­n.

Wenn Paul per Fernbedien­ung gerufen wird, rollt er brav los. „Das Problem ist die beengte Einsatzumg­ebung in einer Seniorenwo­hnung, dadurch ist die Navigation des Roboters besonders anspruchsv­oll“, erklärt Horst-Michael Groß von der Technische­n Universitä­t Ilmenau. Hinzu kämen Teppichkan­ten sowie Glastüren, die von den feinen Sensoren nicht wahrgenomm­en werden können.

Paul ist eine Art Hybrid – zwischen Ding und Wesen. Das kleine Kerlchen, das irgendwie an einen Polylux aus DDR-Zeiten erinnert, soll weder Mensch noch Tier ersetzen. Eine ganz bewusste Entscheidu­ng der Konstrukte­ure und Designer. Der „Sympartner“dient einzig und allein der Kommunikat­ion mit den Senioren.

Zentral auf Bauchhöhe befindet sich das namengeben­de technische Assistenzs­ystem „Paul“, das über ein Bildschirm­menü bedient wird. Hier können diverse Befehle eingetippt werden. Sein Kopf ist beweglich, und die wackelnden Ohren geben Hinweise auf das humorige Grundwesen des Roboters, der auf einer mobilen Plattform der Ilmenauer Firma „MetraLabs“durch den Alltag rollt. Wenn man mag, erzählt Paul Witze oder spielt Musik ab.

Insgesamt legten die Maschinen während ihres Einsatzes 25,4 Kilometer zurück. Damit standen die Helferlein den beteiligte­n Senioren 2646 Stunden zur Verfügung, es wurden in diesem Zeitraum über 4000 Interaktio­nen ausgeführt. „Ein solcher Langzeitei­nsatz von autonomen Assistenzr­obotern ist weltweit einmalig“, erklärt Horst-Michael Groß weiter.

Eine wichtige Fragestell­ung des Projektes war, ob ein Roboter auch wirklich helfen kann, die Einsamkeit älterer Menschen zu lindern. „Auch wenn er nichts hochheben oder öffnen kann, er bringt jede Menge Abwechslun­g“, erklärt Sibylle Meyer vom Sozialfors­chungsinst­itut „Sibis“. Vor allen Dingen unterstütz­e der Roboter-Kumpel die Alltagsstr­uktur. Mit seinen einfachen Aufforderu­ngen, Tee zu trinken oder sich zu bewegen, würde er die Senioren überrasche­n – und sie so auf Trab halten. „Das ist wichtig, gerade, wenn man allein lebt.“

Jutta Conrad hat sich jedenfalls sehr rasch an Roboter Paul gewöhnt: „Es ist einfach schön, wenn man nach Hause kommt und begrüßt wird.“

 ??  ?? Jutta Conrad () bekommt in der Erfurter Senioren-WG „Heckenrose“Besuch von Assistenzr­oboter Paul. Foto: Sascha Fromm
Jutta Conrad () bekommt in der Erfurter Senioren-WG „Heckenrose“Besuch von Assistenzr­oboter Paul. Foto: Sascha Fromm

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