Thüringische Landeszeitung (Gera)
E-Auto hängt Diesel ab
Firmenverbund legt Nachweis vor nach einem Jahr Praxistest in der Medienlogistik
ETTERSBURG. Viele Menschen reden über Elektrofahrzeuge, und viele Experten beschäftigen sich mit der Zukunft der Logistik – doch wie beides zusammenpassen könnte, darüber gibt es kaum Erkenntnisse. Das will das sächsisch-thüringische Konsortium „Smart Distribution Logistik“ändern, zu dem die Firmen Dako aus Jena, Epsa Elektronik & Präzisionsbau Saalfeld, Elog Systembetrieb Gerstungen, die Universität Jena, die Fachhochschule Erfurt, die Sächsische Zeitung und die Leipziger Volkszeitung gehören.
„Unser gemeinsames Projekt verfolgt das Ziel, Elektrofahrzeuge in der Medienlogistik vom ersten Jahr an wirtschaftlich einzusetzen“, erläutert am Montag auf Schloss Ettersburg bei Weimar Harald Hempel, Chef des Konsortialführers Dako. Nach einem Jahr Projektlaufzeit könne man dieses jetzt belegen.
„Eine Vielzahl von Faktoren wirkt sich auf die Kosten des Einsatzes von Elektrofahrzeugen aus“, erläutert Uwe Adler von der Fachhochschule Erfurt zum Auftakt des Kongresses „Smart City Logistik“in Ettersburg. Dazu gehörten der Fahrer und sein persönlicher Fahrstil ebenso wie eine möglichst präzise Touren- und Einsatzplanung.
Man habe bei den Fahrern ein bestimmtes, immer wiederkehrendes Verhaltensmuster ausmachen können, bestätigt Matthias Krause von der Elog, die auf Elektrofahrzeuge bei der Belieferung von Apotheken bundesweit setzt.
„Zunächst gibt es eine Abwehrhaltung“, so Krause, danach heiße es, man könne die EAutos ja mal auf den Hof fahren, und nach den ersten Fahrten wolle man die Fahrzeuge nicht mehr missen. Die Firma hat laut Krause in der Vergangenheit auch gasbetriebene Autos getestet, diese hätten jedoch keine Ersparnisse gegenüber Dieselautos erbracht.
Bei der Sächsischen Zeitung wurden nach Angaben von Denis Kegler im direkten Vergleich in einem Dresdner Zustellbezirk ein Verbrennerfahrzeug vom Typ VW Up und ein ElektroFahrzeug vom Typ Paxster gegenübergestellt. Die Verbrauchskosten des Paxster fielen etwa 80 Prozent niedriger aus. Werden Anschaffungs- und Unterhaltskosten hinzugerechnet, so sind diese im Einsatzfall und im Vergleich zum konventionell angetriebenen Fahrzeug um ein Zehntel niedriger.
Werden auch alle weiteren Prozesskosten eingerechnet, zum Beispiel die Löhne, so ist das Elektrofahrzeug trotz deutlich höherer Anschaffungskosten sogar um 15 Prozent günstiger und damit zugleich wirtschaftlicher als ein Verbrennerfahrzeug.
Dies begründet sich durch die spezielle Auslegung des relativ kompakten Fahrzeuges auf den Einsatz der Post- und Zeitungszustellung mit schmaler Spurbreite, beidseitiger Zugänglichkeit und geringem Wendekreis. „In der Summe wird so eine Einsparung der Arbeitszeit und eine daraus resultierende Kostensenkung ermöglicht“, erläuterte Kegler.
Seinen Angaben nach hat man die Fahrzeuge über einen Zeitraum von sechs Monaten beobachtet und Sondereinflüsse wie Staus oder Unfälle herausgerechnet. Allein schon die Versicherung schlage beim herkömmlichen Dieselfahrzeug ganz anders zu Buche. Kegler: „Für den VW bezahlen wir jährlich 1400 Euro für die Kaskoversicherung, für das E-Fahrzeug, das mit einer Mopedzulassung unterwegs ist, sind es dagegen nur 400 Euro im Jahr.
Habe man zunächst ein Fahrzeug getestet, seien bei der zweiten Bestellung bereits zehn elektrisch betriebene Fahrzeuge geordert worden.
„Inzwischen haben wir 28 Fahrzeuge im täglichen Dauereinsatz zwischen zweieinhalb und neun Stunden“, so Kegler.
Gänzlich andere Probleme ergeben sich laut Daniel Krumbholz von der Leipziger Volkszeitung beim Einsatz der Elektrofahrzeuge in der Brieflogistik. Da seien nicht nur Briefkästen anzufahren, sondern auch Kunden mit Sonderwünschen oder -erwartungen. „Manche Firma möchte ihre Post täglich zur gleichen Uhrzeit abgeholt wissen“, so Krumbholz. Oder eine Justizvollzugsanstalt sei nur mit bestimmten Fahrzeugen zu befahren – das seien Herausforderungen, für die es noch keine Softwarelösungen gebe.
Auf eine weitere Herausforderung beim Einsatz von ganzen Fahrzeugflotten mit E-Autos macht Matthias Krause von der Firma Elog aufmerksam: „Unsere Fahrzeuge kommen alle ziemlich zeitgleich zurück ins Depot, wenn die Fahrer dann alle zur gleichen Zeit das Auto an die Steckdose anschließen, entstehen Probleme mit dem Netz.“Darauf müssten sich die Netzbetreiber einstellen und ihre Anlagen entsprechend aufrüsten.
Es mangele auch noch an den nötigen Schnellladestationen, eine Ladedauer von acht Stunden je Fahrzeug sei letztlich eher unwirtschaftlich. Probleme wie dieses sind es, die die 130 Teilnehmer auf dem zweitägigen Kongress in Ettersburg diskutieren. Neben der Präsentation neuer Ergebnisse aus dem gemeinsamen Forschungsprojekt ist diese fünfte Ausgabe des Kongresses eine Plattform, die bundesweit Anwender, Interessenten, Fahrzeughersteller und Forschung im Bereich der elektromobilen Logistik zusammenbringt. Gestern standen der nachhaltige Energieeinsatz am Standort, in der Produktion und in der Flotte genauso im Vordergrund wie gesammelte Einsatzerfahrungen deutscher Unternehmen, die Elektrofahrzeuge wie zum Beispiel Lastenpedelec, Kleintransporter oder auch elektrische Lastkraftwagen einsetzen. Hier spielt laut Krause die Reichweite noch immer eine Rolle. Die liege bei Lastwagen bei etwa 100 Kilometern – es seien aber 180 Kilometer notwendig, sagt er.