Thüringische Landeszeitung (Gera)
Bundesstraße 92 bleibt Gefahrenpunkt
Deutlich mehr schwere Unfälle mit Todesfolge prägen die Verkehrsunfallstatistik in der Region
GREIZ. Vorfahrtsfehler, Fehleinschätzungen beim Überholen sowie beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren sind laut Aussage von Mike Schramm, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Greiz, die häufigsten Unfallursachen, die zu einer Erhöhung der Unfallzahlen in der Region führten. 84 Verkehrsunfälle mehr als 2016 wurden laut der jüngsten Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2017 im Bereich der Polizeiinspektion registriert, der knapp 80 Prozent des Landkreises Greiz ausmacht. Insgesamt waren es 1737 Verkehrsunfälle. Besonders tragisch: „Tödliche Unfälle hatten wir im vergangenen Jahr leider reichlich“, blickt Mike Schramm zurück. So kam es 2017 zu 189 Verkehrsunfällen mit Personenschäden, 261 Personen wurden dabei verletzt,
35 mehr als im Vorjahr. Starb
2016 eine Person in Folge eines Verkehrsunfalls, schaffte es die Region 2017 auf ein trauriges Hoch von acht Toten durch sechs Unfälle. Bereits im Februar 2017 wurde ein 19-Jähriger am Ortsausgang von Auma, am späten Abend mitten auf der Fahrbahn laufend, von einem Auto erfasst. Auch zwischen Reust und Rückersdorf starb ein Fußgänger, der nachts auf der Straße unterwegs war. Hinzu kamen schwere Unfälle mit Todesfolge. So geriet ein Kradfahrer kurz vor Hohenleuben in den Gegenverkehr, und ein älteres Ehepaar stieße an der sogenannten Fortuna-Kreuzung mit einem Lastwagen zusammen. In der Greizer Brauereistraße kam es am Tag der deutschen Einheit zu einem tödlichen Unfall. Ebenso tödlich verlief der Unfall in Triebes an der Bahnschranke, als Großmutter und Enkelin in ihrem Auto vom Zug erfasst wurden. Nach Gründen sei in jedem Fall ausführlich geforscht worden, versichert der PI-Leiter und plädiert am Unfallschwerpunkt Fortuna dafür, baulich aktiv zu werden.
Erhöhte Geschwindigkeit sieht Schramm, zumindest mit Blick in die Statistik, als selteneren Unfallgrund. Hier seien die Fälle vielmehr rückläufig, von
90 Fällen 2016 auf 84 im vergangenen Jahr. Vielmehr seien es Vorfahrtsfehler, die fatale Folgen haben können. Darauf wurden 2017 115 Fälle zurückgeführt, 25 mehr als im Vorjahr. Dazu kamen 37 Fälle, in denen Fehler beim Überholen gemacht wurden. Einen Anstieg gibt es auch bei Fehlern beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren (plus 36 auf insgesamt
289 Unfälle). Zu 62,9 Prozent kommt es innerorts zu Unfällen, so die Statistik. Doch egal ob in Städten oder Orten, es dominieren deutlich die Unfälle auf den Bundesstraßen.
„Wir sind oft auf den Bundesstraßen 92, 94 und 175 im Einsatz“, sagt Mike Schramm.
439 Unfälle wurden allein auf den Bundesstraßen 2017 registriert. Doch das liege eben nicht nur an den klassischen Gefahrenschwerpunkten. „Es sind viele langsame Lastwagen, landwirtschaftliche Maschinen und Fahrradfahrer unterwegs – und Pkw, die schnell voran kommen wollen. Aus Mangel an Überholstrecken fahren sie oft auch über Sperrflächen – und in Folge mit erhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn.“Hier sieht Schramm die Polizei gefordert und will auf die Situation auch in diesem Jahr wieder mit einem gezielten Einsatz reagieren.
Gefahrenpunkt bleibt beim langfristigen Blick auf die DreiJahreskarte der PI Greiz die Fortuna-Kreuzung B 92/ B175. Dort wurden in dieser Zeit neun Verkehrsunfälle mit Personenschaden, zwei Getötete, ein Schwerverletzter sowie zehn Leichtverletzte erfasst – und das vorwiegend bei Unfällen bei Tageslicht. Hier korrespondierten fehlender Sicherheitsabstand, Vorfahrtsmissachtung und die Geschwindigkeit auf der Vorfahrtsstraße, schätzt Schramm ein. Ein weiterer Unfallschwerpunkt liegt im weiteren Verlauf der B 92 am Abzweig Köckritz/Köfeln, wo acht Unfälle – mit zwölf leicht und einer schwer verletzten Person – vor allem durch Nichtbeachten der Vorfahrt beobachtet wurden.
Auch der Abzweig Hohenölsen bleibt Unfallgebiet, ebenso wie der Bereich Wildetaube mit fünf Unfällen mit leicht Verletzten sowie einer getöteten Person. Hier spielten Fehler beim Überholen und eine erhöhte Geschwindigkeit eine Rolle. Besonders häufig habe es am Gommlaer Berg „gekracht“. In der 50-km/h-Zone führte zu hohe Geschwindigkeit in beiden Fahrtrichtungen im Kurvenbereich zu Unfällen, so Schramm.
Als einzigen Schwerpunkt in Stadtlage nennt er die Greizer Schlossbrücke. Zwar würde meist die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h eingehalten, doch führten plötzliche Fahrspurwechsel bei der engen, zweispurigen Verkehrsführung zu Kollisionen.
Die größte Risikogruppe bleiben junge Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren. Beim Gesamtblick auf die Gebiete der Polizei in Greiz, Gera und Altenburg liegt hier die Zahl der in einen Unfall involvierten zwar nur bei 2,3 Prozent, jedoch stelle die Gruppe gerade mal vier Prozent der Gesamtbevölkerung der Region. Knapp 600 Unfälle wurden dabei verzeichnet. Mangelnde Fahrpraxis und eine erhöhte Risikobereitschaft sieht Mike Schramm als Ursachen.
Acht Verkehrstote im Jahr 2017
Präventionsarbeit sei wichtig
Auch bei der älteren Generation häufen sich Unfälle. Auf die Gruppe 65 plus seien 18 Prozent aller Unfälle zurückzuführen, insgesamt 1130. Und: Meist seien die Senioren dann auch die Unfallverursacher.
Jeweils 72 Fahrer wurden unter dem Einfluss von Drogen sowie mit einem erhöhten Promillewert hinter dem Steuer ertappt. Bei den Drogendelikten ist das ein leichtes Plus von sieben Fällen – entgegen des Trends der umliegenden Polizeireviere, wo die Zahlen rückläufig waren. Deutlich weniger Rotlicht-Verstöße (17) werden hingegen im Vergleich zu Gera
(150) registriert. Generell liegt die Zahl der erfassten Ordnungswidrigkeiten im PI-Bereich bei 5227.
635 Betriebsstunden hätten die Polizeikräfte im vergangenen Jahr in die Laser-Geschwindigkeitsmessung investiert, so Schramm. Wichtig sei ihm weiterhin, dass Verkehrssünder nicht Wochen im Nachhinein eine Geldforderung erhielten, sondern direkt nach dem Fehlverhalten auf dieses hingewiesen würden, um so ein Stück weit Präventionsarbeit zu leisten. Diese soll auch in Kindergarten und Grundschule fortgesetzt werden, um langfristig zu sensibilisieren. Auch die Kontrollen auf Alkohol und Drogen sollen weiterhin nicht nur auf das Wochenende beschränkt werden, da man verstärkt vor allem abseits davon, im gesamten Tagesverlauf Verstöße festgestellt habe.