Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Ich fühle Bitterkeit, Wut und Ohnmacht“
Torjäger Lewandowski scheidet mit Polen aus – und beklagt nach dem 0:3 gegen Kolumbien die Qualität seiner Mitspieler
KASAN. Als die Schmach in der schwülen Sommernacht am Kasanka-Ufer besiegelt war, kratzte sich Robert Lewandowski kurz an der Schläfe. Dann schlenderte der Kapitän der Nationalmannschaft Polens vorsichtig in Richtung Tortribüne der Kasan-Arena, um pflichtschuldig Applaus zu klatschen.
Inzwischen hatten sich die Reihen der Anhängerschaft auffällig gelichtet. Kurz darauf kam zur Umarmung sein Klubkollege vom FC Bayern, James Rodriguez, der ihm die Show gestohlen hatte. Während James mit seinen Kolumbianern beim hochverdienten 3:0 eine bemerkenswerte Vorstellung gegeben hatte, blieb die Darbietung von Lewandowski und seinen Polen blass.
„Ich fühle Bitterkeit, Wut und Ohnmacht“, sagte der 29-jährige Bayern-Stürmer. „Wir waren nicht in der Lage, etwas entgegenzusetzen. Ich denke, dass viele Dinge bei dieser WM nicht funktioniert haben. Wir haben gekämpft, aber das alleine reicht bei einer WM nicht.“
Erstaunlich, wie hart Lewandowski bei seinen Ausführungen gegenüber polnischen Medien irgendwann auch die Mitspieler anging: „Aus nichts kann ich nichts machen. Es gibt keinen Spieler auf der Welt, der den Ball erobert, fünf Gegner und den Torwart ausspielt und dann ein Tor schießt.“
Doch schon seine Feststellung, er hätte „keine Torchance“gehabt und wäre wütend auf sich gewesen, wenn er „Chancen vergeben hätte“, entlarvte ein Wahrnehmungsproblem beim prominentesten polnischen Spieler: Zweimal parierte nämlich Kolumbiens Torhüter David Ospina bei Lewandowskis Versuchen.
Nach der WM-Auslosung hatte Lewandowski noch diesen Tweet in Richtung James abgesetzt: „Hallo James, mein Freund. Ich erinnere mich an deine tollen Tore während der letzten WM. Ich hoffe, du wirst meine aus Russland in Erinnerung behalten.“Es ist allerdings nun anders gekommen. Bei zwei Weltmeisterschaften hat James bisher sechs Tore erzielt – der 26-Jährige zeigt sich zurzeit in Weltklasse-Form. Über dieses Prädikat wird man bei Lewandowski wieder streiten.
Nun muss der FC Bayern die Frage nach Lewandowskis Zukunft beantworten. Bisher hieß es: Der Pole will weg, der Klub pocht auf den bis 2021 datierten Vertrag. Die Bayern-Führung wird nun abwägen müssen, ob sie nicht doch die Möglichkeit zur Auffrischung ergreift.