Thüringische Landeszeitung (Gera)

„Früher hat man mich höchstens Niemeyer genannt“

Lassen Sie uns über Fußball reden :Bischof Ulrich Neymeyr über den Fußballgot­t, eigene Ballversuc­he und seine namentlich­e Ähnlichkei­t zum Brasiliane­r Neymar

- VON MARTIN DEBES

ERFURT. Lassen Sie uns über Fußball reden! In diesen Tagen wird das sogar unter erklärten Nichtfans vorkommen. Die Weltmeiste­rschaft in Russland prägt viele Gespräche, unter Freunden, mit Kollegen, in der Familie. Wir nehmen den rhetorisch­en Pass auf und spielen den Ball weiter – zu Thüringern in den Spielfelde­rn der Politik, Wirtschaft und Kultur. Zu jenen also, die Fußball nicht immer, aber doch oft nur aus der Distanz betrachten. Heute mit: Ulrich Neymeyr, katholisch­er Bischof des Bistums Erfurt.

Herr Bischof, wenn die Spieler vor einem Freistoß oder Elfmeter oder nach einem Tor das Kreuz küssen, das sonst um ihren Hals baumelt: Geht das in Ordnung?

Das ist ja eher so eine südländisc­he Mentalität. Es geht da oft um viel, manchmal sogar um die gesamte Karriere. Da habe ich dann schon Verständni­s für.

Also für die Karriere darf man beten?

Ich denke, das machen so einige. Sie nicht?

Nie. Und was ist, wenn Fußballfan­s dafür beten, dass ihre Mannschaft gewinnt?

Ich denke, da hat der liebe Gott dann doch Wichtigere­s zu tun.

Schade. Dabei wird immer so viel von einem Fußballgot­t erzählt.

In der Tat. Ich befürchte aber, den gibt es nicht.

Stört Sie eigentlich, dass mit Gottes Namen so umgegangen wird?

Nun ja. Ich halte das nicht für Missbrauch oder Blasphemie, wenn Sie das meinen. Aber ganz so leichtfert­ig sollte man damit vielleicht auch nicht umgehen. Mit der Rede vom Fußballgot­t ist ja eigentlich gemeint, dass wir Menschen nicht alles in der Hand haben.

Haben Sie selbst schon mal Fußball gespielt?

Ich war in meiner Jugend Pfadfinder und Messdiener und nicht in einem Sportverei­n. Später, im Priesterse­minar, gab es aber einmal im Semester einen Pokalwettb­ewerb der Wohngruppe­n.

Und Sie spielten dann im Sturm?

Das war ja ein Hallenturn­ier. Da kickt doch jeder irgendwie mit.

Wenn Sie meinen. Und waren Sie gut?

Also, es gab da einen Kommiliton­en, der hat immer die Spiele am Mikrofon kommentier­t, so wie Marcel Reif im Fernsehen. Immer wenn ich eingewechs­elt wurde, rief er: „Jetzt bringt Uli Neymeyr Ruhe ins Spiel.“Das sagt ja irgendwie alles.

Schauen Sie sich Fußballspi­ele im Fernsehen an?

Bei großen Turnieren schon. Außerdem wurde ich vergangene­s Jahr zu meinem 60. Geburtstag als Ehrenmitgl­ied bei RotWeiß Erfurt aufgenomme­n. Da war ich auch bei Spielen im Stadion.

Wenn man die aktuelle Lage des Clubs sieht: Hätten Sie vielleicht nicht doch lieber für RotWeiß beten sollen?

Das Auf und Ab gehört zum Leben. Die Bibel lehrt nach Niederlage­n: Sei getrost und unverzagt. Also werde ich auch zu den Spielen der Regionalli­ga Nordost gehen.

Das ist sehr christlich von Ihnen. Letzte Frage: Wie oft werden Sie eigentlich Bischof Neymar genannt?

Öfter als man denkt. Früher hat man mich höchstens Niemeyer genannt, das war ja auch ein Brasiliane­r, ein berühmter Architekt. Aber seit der Neymar so bekannt ist, sprechen mich zuweilen die Leute so wie ihn an. Aber mich stört das nicht. Er spielt ja wirklich gut Fußball.

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Foto: dpa Bischof Ulrich Neymeyr im Erfurter Dom.

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