Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Früher hat man mich höchstens Niemeyer genannt“
Lassen Sie uns über Fußball reden :Bischof Ulrich Neymeyr über den Fußballgott, eigene Ballversuche und seine namentliche Ähnlichkeit zum Brasilianer Neymar
ERFURT. Lassen Sie uns über Fußball reden! In diesen Tagen wird das sogar unter erklärten Nichtfans vorkommen. Die Weltmeisterschaft in Russland prägt viele Gespräche, unter Freunden, mit Kollegen, in der Familie. Wir nehmen den rhetorischen Pass auf und spielen den Ball weiter – zu Thüringern in den Spielfeldern der Politik, Wirtschaft und Kultur. Zu jenen also, die Fußball nicht immer, aber doch oft nur aus der Distanz betrachten. Heute mit: Ulrich Neymeyr, katholischer Bischof des Bistums Erfurt.
Herr Bischof, wenn die Spieler vor einem Freistoß oder Elfmeter oder nach einem Tor das Kreuz küssen, das sonst um ihren Hals baumelt: Geht das in Ordnung?
Das ist ja eher so eine südländische Mentalität. Es geht da oft um viel, manchmal sogar um die gesamte Karriere. Da habe ich dann schon Verständnis für.
Also für die Karriere darf man beten?
Ich denke, das machen so einige. Sie nicht?
Nie. Und was ist, wenn Fußballfans dafür beten, dass ihre Mannschaft gewinnt?
Ich denke, da hat der liebe Gott dann doch Wichtigeres zu tun.
Schade. Dabei wird immer so viel von einem Fußballgott erzählt.
In der Tat. Ich befürchte aber, den gibt es nicht.
Stört Sie eigentlich, dass mit Gottes Namen so umgegangen wird?
Nun ja. Ich halte das nicht für Missbrauch oder Blasphemie, wenn Sie das meinen. Aber ganz so leichtfertig sollte man damit vielleicht auch nicht umgehen. Mit der Rede vom Fußballgott ist ja eigentlich gemeint, dass wir Menschen nicht alles in der Hand haben.
Haben Sie selbst schon mal Fußball gespielt?
Ich war in meiner Jugend Pfadfinder und Messdiener und nicht in einem Sportverein. Später, im Priesterseminar, gab es aber einmal im Semester einen Pokalwettbewerb der Wohngruppen.
Und Sie spielten dann im Sturm?
Das war ja ein Hallenturnier. Da kickt doch jeder irgendwie mit.
Wenn Sie meinen. Und waren Sie gut?
Also, es gab da einen Kommilitonen, der hat immer die Spiele am Mikrofon kommentiert, so wie Marcel Reif im Fernsehen. Immer wenn ich eingewechselt wurde, rief er: „Jetzt bringt Uli Neymeyr Ruhe ins Spiel.“Das sagt ja irgendwie alles.
Schauen Sie sich Fußballspiele im Fernsehen an?
Bei großen Turnieren schon. Außerdem wurde ich vergangenes Jahr zu meinem 60. Geburtstag als Ehrenmitglied bei RotWeiß Erfurt aufgenommen. Da war ich auch bei Spielen im Stadion.
Wenn man die aktuelle Lage des Clubs sieht: Hätten Sie vielleicht nicht doch lieber für RotWeiß beten sollen?
Das Auf und Ab gehört zum Leben. Die Bibel lehrt nach Niederlagen: Sei getrost und unverzagt. Also werde ich auch zu den Spielen der Regionalliga Nordost gehen.
Das ist sehr christlich von Ihnen. Letzte Frage: Wie oft werden Sie eigentlich Bischof Neymar genannt?
Öfter als man denkt. Früher hat man mich höchstens Niemeyer genannt, das war ja auch ein Brasilianer, ein berühmter Architekt. Aber seit der Neymar so bekannt ist, sprechen mich zuweilen die Leute so wie ihn an. Aber mich stört das nicht. Er spielt ja wirklich gut Fußball.