Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Christian, halt den Mund! Diskutier nicht!
Der Jenaer Triathlet Christian Altstadt hat seinen ersten Ironman gewonnen. Er triumphierte an der Ostsee.
Herr Altstadt, wie geht es Ihnen?
Schlecht. (Lacht.)
Aber als Sieger fühlt man sich doch gut, oder nicht?
Psychisch geht es mir ja auch hervorragend. Ich freue mich, bin zufrieden. Mir tut einiges weh und ich bin müde. Der Muskelkater ist dieses Mal ein anderer als nach dem Wettkampf in Roth vor einigen Wochen. Diesmal kommt es nicht aus den Kniekehlen, diesmal sind es die Oberschenkel. Ich gehe also die Treppen wieder seitlich runter.
In Roth sind Sie im Ziel noch zusammengeklappt – das war dieses Mal anders.
Stimmt. Nur wenn man gewinnt, hat man gar keine Zeit zusammenzuklappen. Ich wurde ja sofort belagert, überall waren Kameras und ich musste gleich das erste Interview geben.
Wobei Sie jetzt fünf Minuten langsamer waren ...
Ja, Moment mal. Die saß ich im Zelt als Strafe ab.
Was macht man in den fünf Minuten im Strafzelt?
Erstmal hatte ich eine richtige Krawatte dran. Ich war stinkwütend. Ich habe mir auf dem Rad ein enges Duell mit dem dreimaligen Sieger Till Schramm aus Köln geliefert. Ich dachte: Die Strafe ist doch für den gemacht. Wir sind zusammen vom Rad gestiegen, ich bin sofort abgefangen worden. Ich musste direkt ins Zelt, ohne etwas trinken zu dürfen. Nur den Helm durfte ich abnehmen. Die Kampfrichterin hat dann die Zeit gestoppt – und ich habe geschimpft und diskutiert. Trainer und Familie waren da und haben gleich gesagt: ‚Christian, halt den Mund! Diskutier nicht! Sei ruhig!‘ Ich sollte mich warmhalten, es als kleine Erholungspause ansehen.
Dachten Sie ans Aufgeben?
Es gab drei Optionen: Aufgeben, einbrechen oder ‚Jetzt erst recht!‘ Ich habe mich für letzteres entschieden. Ich wollte Mumm und Stärke zeigen, habe das als zusätzliche Motivation gesehen. Fünf Minuten sind wahnsinnig viel. Nach den ersten acht Kilometern waren es noch dreieinhalb Minuten und nach 16 Kilometern habe ich das Führungsfahrrad gesehen. Er war sich sicher, dass es für ihn passt. Es ist ein geiles Gefühl, Jäger zu sein. Und wenn du merkst, du kommst ran, puscht dich das. Da merkst du keine Schmerzen mehr. Nach 17 Kilometern bin ich vorbei, dachte: ‚Jetzt ist er platt!‘ Doch dann hörte ich ‚Tappstappstapps‘ wie er sich zusammengerissen hat und neben mir rannte.
Wie lang?
Bis Kilometer 30. Zwischen durch sind wir am Zielbereich vorbei, wo schon die Leute johlten. Es war Mann gegen Mann. Und ich dachte: Das gibt‘s doch nicht. Vor einem Jahr ist er die letzten Kilometer mit gebrochenem Wadenbein ins Ziel gerannt – beißen kann er. Und das ging mir durch den Kopf.
Zu welchem Schluss sind Sie bei ihren Gedanken gekommen?
Ich wusste, dass ich stärker bin. Er ist ja zunächst seinen Stiefel gelaufen, hat dann mein Tempo aufgenommen, hat auf 13, 14 Kilometer pro Stunde erhöht. Wenn er das noch länger durchgehalten hätte, dann hätte ich mir eine neue Strategie überlegen müssen. Dann hätte ich fünf Kilometer vorm Ziel etwas riskiert. Nein, bei Kilometer 30 hat er nach Malzbier gefragt – das war das letzte, was ich von ihm hörte. Ich hatte schnell 80 Meter Vorsprung und habe dann noch acht Minuten herausgelaufen.
„Mental war das natürlich eineBackpfeife.“
„Der Zieleinlauf war dann bombastisch.“
Für die WM auf Hawaii sind Sie aber nicht qualifiziert?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Es gehört nicht zur Ironmanoder Challenge-Serie. Es ist familiär organisiert, ist die einzige Langdistanz in Deutschland, bei der im Meer geschwommen wird und hat einen sehr guten Ruf.