Thüringische Landeszeitung (Gera)
Opfer und Mordverdächtiger wohnten Tür an Tür
Noch immer sind nicht alle Leichenteile eines 26-jährigen Studenten in Jena gefunden – Kommilitone ist geständig und sitzt in Untersuchungshaft
JENA. Eine in viele kleine Teile zerstückelte Leiche, die an verschiedenen Stellen in Jena verteilt worden sind, ein geständiger 23-jähriger Vietnamese als mutmaßlicher Mörder, der in Untersuchungshaft sitzt, ein unklares Motiv und viele offene Fragen zum Tathergang – das ist der aktuelle Stand im Mordfall an einem 26-jährigen Studenten aus China.
Zu den genauen Tatumständen sagte auch Thomas Villwock Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz nur wenig mehr, als bisher schon bekannt ist. Alles andere sei Täterwissen, das im Interesse einer gerichtsfesten Aufarbeitung des Falles noch nicht preisgegeben werden könne, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Gera.
Nach seiner Darstellung ereignete sich die Bluttat bereits am Freitagabend der vergangenen Woche im Studentenwohnheim im Spitzweidenweg. Der ermordete Chinese, der an der Uni Jena Deutsch als Fremdsprache studierte, und der inzwischen wegen dringenden Mordverdachts inhaftierte Vietnamese seien Wohnungsnachbarn gewesen, hätten aber nicht zusammen in einer gemeinsamen WG gelebt. Wie der 23-Jährige seinen Kommilitonen tötete, dazu sagte der Leitende Staatsanwalt ebenso wenig wie zum Motiv, obwohl der mutmaßliche Mörder in den bisherigen Vernehmungen offenbar geständig war. „Die Ermittler stehen in all diesen Fragen erst ganz am Anfang. Sie müssen jetzt bis ins Detail die Angaben des Studenten prüfen“, so Villwock. Bekannt sei nur, dass sich der Vietnamese fürchterlich über seinen chinesischen Nachbarn geärgert habe. Dass die Polizei überhaupt Kenntnis von dem Verbrechen erhielt, ist nur der Selbstanzeige des mutmaßlichen Täters geschuldet, der sich am Dienstag, 11.31 Uhr, bei der Polizei meldete. Nach seinen Angaben wurde kurz darauf die Suche nach den Leichenteilen an der Wiesenbrücke flussabwärts gestartet. Laut Staatsanwaltschaft habe der mutmaßliche Mörder die Leichteile aber auch noch an anderen Stellen entsorgt. So ging die am Dienstag eingeleitete Suche an der Saale am Mittwoch weiter. Sowohl Taucher als auch zwei Leichenspürhunde waren im Einsatz. „Aufgrund des trüben Wassers konnten die Polizeitaucher am Dienstag die Saale zunächst nur auf einer Länge von 150 Metern untersuchen“, sagte Polizeisprecherin Steffi Kopp. Die gefundenen Überreste des Chinesen werden in der Gerichtsmedizin der Uni Jena untersucht. Ein abschließendes Ergebnis wird es aber erst in einigen Wochen geben.
„Zwar haben wir natürlich Vergleichs-DNA in der Wohnung des Opfers gefunden, die muss aber noch abgeglichen werden mit DNA, die die Eltern des getöteten Studenten aus China mitbringen. Nur so ist sicher zu bestimmen, dass es sich bei den gefundenen Leichenteilen auch tatsächlich um den Studenten handelt“, so Kopp.
Über die Ermittlungen informiert wurden gestern auch Vertreter der chinesischen Botschaft in Deutschland, die an der Pressekonferenz bei der Jenaer Kripo teilnahmen. Auch am Tatort, dem Studentenwohnheim, nur wenige Hundert Meter von der Saale entfernt, ging gestern die Spurensicherung weiter. Spezialisten des Landeskriminalamtes untersuchen die beiden Wohnungen und Mülltonnen. Ermittler der Kripo Jena befragen Mitbewohner im Haus.
Spurensicherung im Studentenwohnheim