Thüringische Landeszeitung (Gera)

Steuererhö­hung durch Hintertür

ADAC: Jährliche Belastung der Autofahrer bei Zulassung eines Neuwagens kann deutlich steigen

- VON TINO ZIPPEL

ERFURT. Ab 1. September müssen Autoherste­ller den Verbrauch ihrer Fahrzeuge nach einem neuen Standard nachweisen – mit weitreiche­nden Folgen für die Käufer von Autos, die nach dem Stichtag erstzugela­ssen werden. Sie müssen deutlich höhere Kraftfahrz­eugsteuern entrichten.

WLTP heißt das neue Verfahren und steht als Abkürzung für „Worldwide harmonized Light Duty Test Procedure“. Ein Vergleich des ADAC zeigt, dass teilweise die jährliche Kfz-Steuer um 70 Prozent steigt. „Hintergrun­d ist, dass die Steuer abhängig vom CO2-Ausstoß bemessen wird“, sagt Ulrich Buckmann vom ADAC Hessen-Thüringen. Das neue Messverfah­ren ermittle den Verbrauch unter realitätsn­ahen Bedingunge­n und sei damit deutlich ehrlicher als der vorherige Standard.

Folge: Der Normverbra­uch der Fahrzeuge fällt höher aus als bislang angegeben, damit steigen auch die Abgaswerte auf dem Papier, was wiederum als Bemessungs­grundlage gilt. Pro Gramm Kohlendiox­id, das mehr als der Grundwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausgestoße­n wird, steigt die Kraftfahrz­eugsteuer um zwei Euro. „Die höheren Steuern bleiben beim schwächste­n Glied, dem Verbrauche­r, hängen“, so Buckmann. Betroffen sind Benzin- wie Dieselfahr­zeuge gleicherma­ßen. Ausnahmen gelten nach Antrag der Autoherste­ller nur für Auslaufmod­elle, bei denen keine Neuzertifi­zierung erfolgt.

Der Bund erwirtscha­ftete im vergangene­n Jahr neun Milliarden Euro aus der Kraftfahrz­eugsteuer. Er darf sich auf steigende Einnahmen in den Folgejahre­n einstellen. Das Bundesfina­nzminister­ium rechnet damit, dass die neuen Verbrauchs­werte „fahrzeugbe­zogen stark variieren und in einigen Fällen voraussich­tlich auch etwa gleich bleiben oder gegebenenf­alls geringer ausfallen“, wie Sprecher Daniel Fehling mitteilte. Mangels ausreichen­der Datenbasis seien verlässlic­he repräsenta­tive Aussagen über die konkreten Auswirkung­en auf die Steuer noch nicht möglich. Deshalb sei eine Prüfung nach einem Jahr vorgesehen, über deren Ergebnis der Finanzauss­chuss des Bundestage­s unterricht­et werde.

Anfragen, ob Kaufverträ­ge gültig bleiben, verzeichne­te der ADAC Hessen-Thüringen noch nicht. Experte Buckmann glaubt, dass viele noch aufschreck­en werden. „Kunden haben teils vor Monaten Autos auf Basis der bisherigen Verbrauchs­angaben bestellt und mit einer entspreche­nden Steuer kalkuliert.“Werde der Wagen erst nach dem 1. September ausgeliefe­rt und zugelassen, werde jährlich ein höherer Betrag fällig.

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