Thüringische Landeszeitung (Gera)

Von Teheran bis Tokio

Das Klenke-Quartett tourt um den halben Globus und spielt auch vor der eigenen Haustür

- VON WOLFGANG HIRSCH ● Karten über Telefon: / www.klenke-quartett.de www.auftakt-weimar.de

WEIMAR. Gleich am Wochenende startet das Weimarer Klenke-Quartett in seine neue, nunmehr 28. Spielzeit mit zwei Konzerten im Glienicker Schloss zu Berlin. Anschließe­nd ein Heimspiel in Weimar und ein Abstecher ins holländisc­he Deventer. Dann, Mitte November, steht schon die Konzertrei­se nach Japan bevor: mit Auftritten in Tokio, Yokohama und Nagoya.

„Wir sind wahnsinnig gespannt darauf“, verriet Primaria Annegret Klenke unserer Zeitung. An Entdeckerl­ust und musikalisc­her Leidenscha­ft haben die Quartettsc­hwestern, die anno 1991 an der FranzLiszt-Hochschule den klangvolle­n Bund fürs berufliche Leben eingingen, nichts eingebüßt.

Zumal sie das bisher größte Abenteuer auf dem langen gemeinsame­n Weg just in diesem Jahr absolviert haben: Im Januar traten die vier beim Fajr-Festival in Teheran auf. Der Kulturanla­ss, bei dem Theater-Haudegen wie Claus Peymann und Roberto Ciulli Stammgäste sind, fördert die internatio­nale Verständig­ung, doch für das Klenke-Quartett war diesmal doch alles anders: Um dem Protokoll zu genügen, haben die vier verschleie­rt gespielt – und das war gar nicht so einfach. „Man hört einander anders, weil auch die Ohren bedeckt sein müssen“, erklärt Annegret Klenke. Das Publikum aber war vom Konzert begeistert, berichtet die Sondershäu­serin sachlich. Mit solchen diplomatis­chen Missionen kennen die vier Frauen sich aus. Sie haben schon Bundespräs­ident Johannes Rau durch halb Südamerika begleitet, und auch in Tokio steht jetzt ein Botschafts­konzert mit auf dem Plan. „Die Reise wird unser Japan-Debüt“, so Klenke. „Das Publikum dort soll ja das beste der Welt sein.“Mit zwei Programmen – Bach, Mozart, Schumann sowie Boccherini bis Strawinsky – geben sie bei den sensiblen Hörern im Land der aufgehende­n Sonne eine deutsche und eine europäisch­e Visitenkar­te ab.

Da wird den hiesigen Fans und Freunden der Weg zu weit sein. Auch nach Wels (Österreich) und Maribor (Slowenien) im Sommer 2019 werden nicht viele mitkommen wollen; zum Glück gibt’s die eigene „Auftakt“-Konzertrei­he direkt vor der Haustür. Am 23. September laden Annegret Klenke (1. Violine), Beate Hartmann (2. Violine), Yvonne Uhlemann (Viola) und Ruth Kaltenhäus­er (Violoncell­o) im Verein mit dem Pianisten und Musikwisse­nschaftler Jascha Nemtsov zur Sonntagsma­tinee auf Schloss Ettersburg ein, um jüdische Komponiste­n neu zu entdecken. Der in Weimar lehrende Nemtsov gilt ja als Experte für solche Spezialitä­ten und hatte es offenbar nicht schwer, die Klenkes von der Musik Alexander Wepriks, Arthur Louriés und Leo Ornsteins zu überzeugen. Vor allem der Glasunow-Schüler Ornstein hat es Klenke angetan: „Wenn man ihn einmal gehört hat, geht er einem nicht mehr aus dem Kopf.“

Klassisch setzt sich die „Auftakt“-Reihe nach der Japan-Tournee fort – mit dem MozartQuar­tett C-Dur KV 465 und dem EsMoll-Quartett von Tschaikows­ky

(25.11.). Letzteres widmen die vier ihrem Ehrengast Peter Gülke. „Es ist sein Lieblings-Quartett“, verrät Klenke. Der Weimarer Dirigent, Musikwisse­nschaftler und -pädagoge, Ernst von Siemens-Preisträge­r

2014, gibt auf seine kompetente, zugeneigte Art, die alle Welt liebt, Erläuterun­gen zum Werk. Erst Ende März geht es weiter: Dann spielen die Damen, verstärkt um Harald Schoneweg, im Herdersaal Weimar das letzte noch ausstehend­e MozartQuin­tett (29.3.19) – ein sogenannte­s „Release-Konzert“. Denn damit feiern die fünf die neue CD mit sämtlichen sechs Mozart-Quintetten. „Unser Riesenbaby“nennt Klenke das Mammut-Projekt voller Stolz und Respekt. Wer nicht bis März warten will, kann die Silbersche­iben voraussich­tlich ab Oktober erwerben. Das Schumann-Quartett kommt als Gast zum „Chiaroscur­o“-Konzert bei den Thüringer Bachwochen ins Weimarer Schießhaus (4.5.19) und bietet, dem Hell-Dunkel-Programm des Titels gemäß, Kontrastre­iches von Bach bis Pärt, bevor die Klenkes zum Finale (25.5.19) dem 100-jährigen Bauhaus ihre festliche Reverenz erweisen. Eine regelrecht­e Bauhaus-Musik kennt man ja eigentlich nicht. Aber im Oberlichts­aal der Universitä­t erklingen die damals neuesten Töne, etwa Weberns minimalist­ische Bagatellen oder ein Quartett von Germaine Tailleferr­e, der einzigen Frau in der Groupe des Six um Honegger und Milhaud. Dazu Stücke von Schulhoff – „freche Musik am Puls der Bauhaus-Zeit“, wie Klenke sagt – und, als Kontrast, Beethovens spätes cis-Moll-Quartett op. 131 – „weil man merkt, wie weit der seiner Zeit voraus war“. Man kann das Klenke-Quartett ebenso gut in Erfurt

(24.10.18), beim MDR-Musiksomme­r in Elbingerod­e

(21.6.19) oder mit Martin Stadtfeld in Tutzing (14.10.18) anhören; dann wollen sie auch mit dem Schauspiel­er Axel Milberg über ein gemeinsame­s literarisc­hes Programm (ab Dezember) diskutiere­n. Stets aber gilt die Maxime, Tickets rechtzeiti­g zu buchen. Denn als Geheimtipp firmieren die Vier längst nicht mehr.

Japan-Debüt und Mozart -Quintette auf CD

 ?? Foto: Marco Borggreve ?? Das Weimarer Klenke-Quartett: (von links) Yvonne Uhlemann, Annegret Klenke, Ruth Kaltenhäus­er und Beate Hartmann.
Foto: Marco Borggreve Das Weimarer Klenke-Quartett: (von links) Yvonne Uhlemann, Annegret Klenke, Ruth Kaltenhäus­er und Beate Hartmann.

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