Thüringische Landeszeitung (Gera)
Nachbarschaftshilfe oder schon Schwarzarbeit?
Packen Freunde, Verwandte oder Vereinskollegen mit an, ist das ein Gefälligkeitsdienst. Geld können sie trotzdem dafür bekommen – unter bestimmten Voraussetzungen
BERLIN. Eigentlich ist der Unterschied ganz einfach: Für Arbeit erwartet man einen Lohn, Gefälligkeiten dagegen erledigt man umsonst. Aber das heißt eben nicht, dass man Nachbarschaftshilfe ausschließlich für lau leisten muss, ohne gleich die Grenze zur Schwarzarbeit zu überschreiten. Der Gesetzgeber hat solche Arbeiten, für die es nur ein wenig Geld als Anerkennung gibt, ausdrücklich von diesem Verdacht freigestellt – formal nennt sich das „nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht“, die Nachbarschaftshelfern eben fehlt und die daher geringe Summen für ihre Hilfe annehmen dürfen. Im Gesetz findet sich allerdings keine konkrete Grenze, wie viel Geld fließen darf, bevor es kritisch wird. „Gering“kann eben von Fall zu Fall variieren. Es darf sich nicht um einen verdeckten Lohn handeln. Hier kommt die Frage der Regelmäßigkeit ins Spiel, denn auch die ist ein Kriterium für mögliche Schwarzarbeit, wie Klaus Salzsieder, Sprecher der Generalzolldirektion in Bonn, erklärt: „Bei bestehender Wiederholungsabsicht liegt eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht vor, sodass in der Regel gesetzliche Verpflichtungen entstehen, auch wenn nur ein geringes Entgelt bezahlt wird. Zum Beispiel wenn ein Mann regelmäßig sonnabends für seine Nachbarin Garten- und sonstige häusliche Arbeiten erledigt und dafür jeweils 20 Euro für drei Stunden erhält.“Gelegentliche Hilfe dagegen ist unproblematisch.
Schließlich kommt noch die Frage hinzu, in welchem Verhältnis Helfer und Auftraggeber zueinander stehen. Denn es ist außerdem noch eine persönliche Beziehung zwischen den beiden erforderlich. Bei Familienmitgliedern ist das Ganze klar geregelt: Die Abgabenordnung zählt auf, wer alles als Angehöriger gilt – alle engen Verwandten einschließlich Pflegeeltern, Pflegekindern und eingetragenen Lebenspartnern.
Nachbarn, Freunde, Kollegen – auch sie kommen als Nachbarschaftshelfer infrage. Klaus Salzsieder: „Darunter fällt nicht nur die Mithilfe von Wohnungs- und Hausnachbarn desselben Straßenzugs oder Ortsbereichs, sondern auch die Unterstützung zwischen Personen, die persönliche Beziehungen zueinander pflegen, wie zum Beispiel als Mitglieder im gleichen Verein.“
Sind die drei Kriterien – höchstens geringe Entlohnung, nicht regelmäßig, persönliche Beziehung – erfüllt, besteht auch keine Notwendigkeit, die gezahlte Anerkennung bei Behörden zu melden. Das ist für alle diejenigen wichtig, die staatliche Unterstützungsleistungen erhalten, die teils mit sehr engen Zuverdienstgrenzen verbunden sind. Wer als Bezieher von staatlichen Leistungen wie Arbeitslosengeld, Erwerbsminderungsrente oder als Teilrentner echte Nachbarschaftshilfe leistet, muss daraus erzielte Einkünfte nicht angeben.
Es kommt nun einmal auf die persönliche Beziehung und auf das Prinzip der Gegenseitigkeit an. Das schließt aus, dass die Helfer ihre Arbeit um des Geldes willen erledigen. Dass die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund stehen darf, gilt aber auch für den Auftraggeber. Einer der klassischen Fälle der Nachbarschaftshilfe ist bekanntlich der Bau des Eigenheims, bei dem der Bauherr manche der Arbeiten in Selbsthilfe erledigt und dazu Freunde, Verwandte und Kollegen einspannt.
Das ist auch erlaubt – solange eine wesentliche Voraussetzung erfüllt ist. Nämlich die, dass der Bauherr auch selbst in den Neubau einziehen beziehungsweise die renovierte Wohnung selbst nutzen möchte. Wenn es sich aber um ein Haus oder eine Wohnung handelt, die gewerblich genutzt werden soll, ist es ausgeschlossen, sich auf Nachbarschaftshilfe zu berufen.
Wie Klaus Salzsieder von der Generalzolldirektion Bonn sagt, „steht die Verfolgung von Nachbarschafshilfen nicht im zwingenden Fokus der Finanzkontrolle Schwarzarbeit“. Aber wer als vermeintlicher Nachbarschaftshelfer und faktischer Schwarzarbeiter doch ins Visier der Behörden gerät, muss sich auf empfindliche Strafen einstellen. Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Und zum Bußgeld kommt noch die Nachzahlung von Sozialabgaben hinzu.
Prinzip der Gegenseitigkeit
Privathaftpflicht erweitern
Damit alles wirklich mit rechten Dingen zugeht, sollten Auftraggeber und Helfer aber auch regeln, dass alle Haftungsfragen geklärt sind. Schließlich kann es vorkommen, dass der Helfer bei seinem Einsatz Schäden am Eigentum des Auftraggebers oder eines Dritten anrichtet oder selbst bei der Arbeit zu Schaden kommt.
Grundsätzlich gilt hier zunächst der sogenannte stillschweigende Haftungsausschluss. Beide Parteien sind sich einig, dass der Helfer für von ihm verursachte Schäden nicht haften muss. Wer dabei auf Nummer sicher gehen will, sollte den Haftungsausschluss schriftlich festhalten. Hat der Helfer jedoch eine Haftpflichtversicherung, muss diese in der Regel den Schaden regulieren. Hier sollte man sich vergewissern, dass die Versicherung sogenannte Gefälligkeitsleistungen einschließt, und gegebenenfalls den Versicherungsschutz um diesen Punkt erweitern.