Thüringische Landeszeitung (Gera)
Leipzig zum Siegen verdammt
RB-Kicker müssen gegen Sorja Luhansk gewinnen, um die Gruppenphase der Europa League zu erreichen
LEIPZIG. Es begann wie immer mit dem Personal. Mittwochmittag vor dem Spiel gegen Sorja Luhansk in der Europa-LeagueQualifikation referierte Ralf Rangnick: Linksverteidiger Marcelo Saracchi, gelbgesperrt, Spielmacher Emil Forsberg, Schlag aufs Knie, Verteidiger Nordi Mukiele, Kniebeschwerden. Alle anderen: an Bord.
Alle an Bord, hieß: alle sicher verfügbaren 15 Feldspieler. Macht also fünf Variablen für die Startelf heute Abend in Leipzig (18 Uhr). Aber Rangnick hatte Lust, den Schleier über seinen strategischen Überlegungen etwas zu lüften, er schränkte die Varianten deshalb ein: „Ich will möglichst viele Spieler auf dem Platz haben, die Tore schießen können – und die wollen.“
Timo Werner also? „Er will immer und hat bewiesen, dass er auch kann“, sagte Rangnick, ergo: Ja, davon könne man ausgehen. Der Nationalspieler ist mit 34 Toren aus 64 Spielen ErstligaRekordtorschütze für die Sachsen und wäre aufgrund seines Kurzeinsatzes gegen Borussia Dortmund vergangenen Sonntag nach Rangnicks Frische-Logik ohnehin einer für die Startelf.
Doch das ist bei Weitem nicht alles gewesen, weshalb Rangnick so detailliert über sein Personal und mögliche Startelfnominierungen plauderte. Er wollte vor allem keinen Zweifel aufkommen lassen, dass die Ziele für die Partie zweideutig sein könnten. Nein, es gebe nach dem 0:0 im Hinspiel für das Rückspiel nur eine Richtung: das Luhansker Tor. „Wir wollen unbedingt gewinnen!“
Tatsächlich – unbedingt? Nichts scheint naheliegender, als sich nach fünf Qualifikationspartien im sechsten mit der Europa-League-Gruppenphase zu belohnen. Wären da nicht der Kader. 17 Feldspieler sind es aktuell, die Rangnick zur Verfügung stehen. Und das bei einem siegreichen Donnerstagabend für Partien in drei Wettbewerben. Eine Saison lang. Mit Vollgas-Pressing.
Geht das? Und vor allem: geht das gut? Nationalspieler Marcel Halstenberg trainierte nach seinem Kreuzbandriss diese Woche erstmals mit dem Team. Macht in Bälde also 18. Doch das wären immer noch zwei Spieler von den 20 entfernt, die Rangnick als Zielgröße für sein Team im Trainingslager ausgegeben hatte, um jede Position zweifach besetzen zu können. Zwei Neue müssen also noch her. Aber woher, und vor allem wann? Seit Wochen kursieren Namen neuer Spieler über den Cottaweg, von allen ist jedoch nur noch der von Ademola Lookman übrig geblieben, der vergangene Rückrunde auf Leihbasis für Leipzig spielte. RB würde den 20 Jahre alten englischen Nationalspieler gern von seinem Verein FC Everton loseisen. Wie es heißt, fordern die „Toffies“allerdings mehr für einen Wechsel, als RB bereit ist zu zahlen. Die Grenze verläuft bei Rangnicks Festlegung „kein neuer Rekordtransfer“. Und kein neuer Rekordtransfer bedeutet, nicht mehr zu zahlen als die für Naby Keita im Sommer
2016 ausgegebenen 24 Millionen Euro.
Dass beide Klubs nicht doch noch Einigung erzielen, heißt das natürlich nicht. Doch es wird eng für den Sportdirektor Rangnick, der die Wünsche des Trainers Rangnick natürlich als Befehl versteht. Das deutsche Transferfenster schließt Freitag
18 Uhr. Für RB kann ein möglicher Sieg gegen Luhansk deshalb auch ein Wagnis sein, denn auf dem Spiel stehen vor allem die Ligaziele, gern eine erneute Qualifikation für die Champions League. Als Geschenk sozusagen für die Ambitionen des dann neuen Trainers Julian Nagelsmann.
Sich geräuschlos von der finanziell ohnehin fragwürdigen Europa League zu verabschieden, wäre also durchaus eine Option. Aber nichts da. Rangnick ließ sich gestern nicht anmerken, ob ihm eine provozierte Niederlage gegen die Ukrainer durch den Kopf geht. Man wolle selbstverständlich wieder international spielen, sagte der 60Jährige. „Das ist unser sportlicher Ehrgeiz!“Und schließlich sei ja bis Freitag noch Zeit.
Transferfenster schließt am Freitag um 18 Uhr