Thüringische Landeszeitung (Gera)
Fachkräfte müssen umsorgt werden
Das Verbundprojekt Rebeko geht nach drei Jahren zu Ende – Unternehmer und Wissenschaftler ziehen ein Fazit
GERA. Über 2000 Thüringer sind von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) bezüglich ihrer beruflichen Situation befragt worden. Heraus kam: In Ostthüringen hat sich die Arbeitssituation verbessert. Das Risiko, die Arbeit zu verlieren, ist gesunken. Trotzdem sind die Ostthüringer Arbeitnehmer unzufrieden. Vor allem die niedrigen Löhne würden kritisiert, berichtet Ingo Singe. Er ist der Projektleiter des Verbundprojekts Rebeko. Gestern fand dessen Abschlussveranstaltung bei der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen in Gera statt. Außerdem seien die Befragten unzufrieden mit der Wahrnehmung und Wertschätzung ihrer Arbeit. „Sie wünschen sich zum Beispiel eine höhere Beteiligung an Entscheidungsprozessen und mehr Verantwortung. Sie möchten als Mensch ernst genommen werden“, berichtet der Diplomsoziologe. Die Wahrnehmung der Arbeitnehmer sei defizitär.
Der Name Rebeko setzt sich jeweils aus den ersten zwei Buchstaben der Wörter Region, Betrieb und Kompetenzen zusammen. Die FSU Jena und die FFW GmbH – Gesellschaft für Personal- und Organisationsentwicklung arbeiteten dafür mit drei Ostthüringer Unternehmen zusammen: Präzisionsoptik Gera GmbH, Electronicon Kondensatoren GmbH sowie Köstritzer Schwarzbierbrauerei GmbH. Deren Geschäftsführer ziehen ein positives Fazit des dreijährigen Projekts. „Die Zusammenarbeit hat uns geholfen, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden“, sagt Uwe Helmsdorf, Geschäftsführer von Köstritzer. Gemeint sind der demografische Wandel und der Fachkräftemangel.
Die Brauerei müsse sich auf eine alternde Belegschaft einstellen und umdenken. „Uns ging es vor allem darum die Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter weiter zu verbessern und außerdem ein Instrument zu entwickeln, mit dem der Wissenstransfer an neue Mitarbeiter gelingen kann“, so Helmsdorf. Die Basis dafür sei durch Rebeko geschaffen worden und werde nun auf andere Unternehmensbereiche angewandt.
Ähnliche Ziele verfolgte auch Präzisionsoptik Gera. Geschäftsführer Jan Schubach und die Mitarbeiter des Unternehmens entwickelten mit Hilfe der FSU Jena und der FFW ein System zum Wissensmanagement. „Wir haben Strukturen geschaffen, um Erfahrungswissen zu dokumentieren“, berichtet Schubach. Dies wolle man nun auf das ganze Unternehmen ausweiten.
Frank Barth, Leiter Personal bei der Electronicon GmbH, erzählt, dass sein Unternehmen den Rekrutierungsprozess optimiert habe: „Wir konnten die Fluktuation verringern.“Dies wurde durch einen Einarbeitungsplan erreicht. Gemeinsam mit Mitarbeitern wurde dieser entworfen. „Unser Mitarbeiter wollten sich beteiligen und bringen sich ein, wenn es um die Einarbeitung neuer Leute geht“, berichtet Barth.
Neben der FSU Jena steuerte die FFW das theoretische Grundgerüst des Projekts bei. Geschäftsführer Wolfgang Anlauft
Arbeitnehmer wünschen bessere Wahrnehmung
berichtet, das die FFW gemeinsam mit den Unternehmen die Probleme analysiert habe, um anschließend Gestaltungsempfehlungen zu geben und bei deren Umsetzung zur Seite zu stehen.
Die Unternehmer schließen das Projekt mit einem durchweg positiven Fazit. Projektleiter Ingo Singe wünscht sich eine neue Herangehensweise an die Themen des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels: „Wir brauchen in Thüringen eine neue Diskussion darüber, was die Kriterien guter Arbeit sind.“