Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Besser kann man das Stück nicht aufführen“
Kritiker-Lob des Weimarer „Sardanapalo“-Projekts
WEIMAR. Für die Uraufführung des Opern-Fragments „Sardanapalo“von Franz Liszt in der bearbeiteten Fassung von David Trippett (Cambridge University) haben weder das Deutsche Nationaltheater noch die Klassik Stiftung Weimar in Werbung, Marketing und Pressearbeit besonderes Engagement entfaltet. Obwohl Liszt in der Zeit zwischen Ende der 1840er- und Anfang der 1860er-Jahre, in der an diesem Projekt gearbeitet hat, als außerordentlicher Kapellmeister der Hofkapelle Weimar engagiert war und obwohl die Handschrift in einem Skizzenbuch als einzige überlieferte Quelle stellvertretend für den prominenten Liszt-Bestand im Goethe- und SchillerArchiv steht, gab es keine Pressekonferenz vor dem Konzert und keinen offiziellen Empfang für Ehrengäste danach.
Dennoch wurde der Anlass von überregionalen Medienvertretern in einer Weise wahrgenommen, wie es lange nicht mehr bei einem Konzert der Staatskapelle der Fall war. Manuel Brug schrieb in „Die Welt“über Liszt: „Doch was ein lauthals begeistertes Publikum in Weimar durch die einst von Liszt befehligte, jetzt furios von Generalmusikdirektor Kirill Karabits angeleitete Staatskapelle zu hören bekam, fasziniert durchaus. Und es verwundert, dass die Branche solches über 100 Jahre nicht weiter beachtet hat. (...) Doch Liszt setzt sich hier sehr weit von der italienischen Oper ab. Er komponiert durchgehendes Musikdrama. (...) Klar und mitreißend ist das, in der Anlage an Camille Saint-Saëns’ 1877 ebenfalls in Weimar unter Liszt uraufgeführte Bibeloper ,Samson und Dalila’ gemahnend, aber ohne deren spätromantischen Orientplüsch.“
In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“urteilte Christiane Wiesenfeldt über das von Liszt aufgegebene Projekt: „Das ist, wenn überhaupt, romantischer Hamletismus statt fetziger Italianità. Dazu passt die pointierte, collagenhafte Musik wiederum nicht, in der wie in einem Stil-Tuschkasten zu lange Bläserkantilenen, Humtata-Rhythmen und krachende Kadenzen mit zahlreichen Belcanto-Allusionen zerrinnen, die keine richtigen Arien sein wollen.“Hohes Lob zollt die Rezensentin den Ausführenden: „Joyce El-Khoury, Airam Hernández und Oleksandr Pushniak bieten zusammen mit dem Orchester unter Karabits eine fulminante musikalische Leistung. Besser kann man das Stück nicht aufführen. Besonders angetan hat es ihr aber die „Dante-Sinfonie: „Karabits dirigiert kraftvoll, lässt den Musikern keinen Moment der Entspannung im wahnwitzigen Höllenritt des ersten Satzes. Doch seine stärksten Momente mit dem Orchester liegen im zweiten Satz: ein insistierendes Perpetuum mobile, diese kleine, gemeine Melodie, eine wunderbar schmerzhafte Spur zu langsam gespielt.“
In der „Leipziger Volkszeitung“stand: „Die Staatskapelle Weimar entfacht in ganz großer Besetzung auf dem Podium der Weimar-Halle einen brillanten Überschwang in mondänen Dreiertakten, im Delirium der Klarinette und dem verdichteten Orchestersatz, der Spontini eher folgt als Beethoven. (...) Die Weimarer Uraufführung von ,Sardanapalo‘ ist wie die technische Kopie eines farbsatt restaurierten Ölgemäldes in ganz hoher Auflösung: Überwältigend und überdeutlich, mit voller Leidenschaft und deshalb auch etwas erschlagend.“(wohi)