Thüringische Landeszeitung (Gera)
Trainer auf dem Prüfstand
Auch mit etwas Abstand bleibt Joachim Löws WM-Analyse bizarr. Die öffentliche Selbstbezichtigung, die sich selbst unterstellte Arroganz, wirkte ungeachtet ihrer trivialen Richtigkeit eine Spur zu aufgesetzt. So, als sei mit nur genügend Asche auf dem Haupt jegliche Bringeschuld erfüllt.
Die taktischen Defizite, die Löw mit neun Wochen Abstand do- und sezierte, hatten Fachleute und Beobachter schon während der WM ausgemacht. Ein Coach von Format, der ja Löw durchaus ist, hätte diese genauso schnell erkennen und reagieren müssen. Mehr noch: Jeder Trainer, der so danebenlag, hätte in der Bundesliga, nein: überall, längst seinen Hut genommen. Ganz abgesehen davon, dass die ausschließliche Reflexion auf die eigenen Fehler die rasante Entwicklung in der Fußball-Welt komplett ausblendet.
Und so wirkte alles wie ein müder Aufguss längst verarbeiteter Erkenntnisse. Ein Neuanfang sieht anders aus. Aber war tatsächlich mehr zu erwarten als ein prinzipielles „Weiter so“mit minimalen Korrekturen? Leider nicht. So, wie Löw mit seinem Festhalten an den Weltmeistern alle Fliehkräfte lähmte, tat es der Verband mit dem vorauseilenden Kniefall vor dem Bundestrainer. Ob er ihm gerecht werden kann, zeigen die nächsten Tage und Wochen. Die Spiele gegen Frankreich, Peru und später die Niederlande werden zum Zünglein jener Waage, die Löws Nimbus untrüglich misst – und damit seine Zukunft bestimmt. Weitere Kommentare finden Sie unter www.tlz.de/meinung Kontakt zu unseren Sport-Kommentatoren unter: sport@tlz.de