Thüringische Landeszeitung (Gera)

Christdemo­kratische Selbstzers­törungskrä­fte

- VON ELMAR OTTO

„Früher war mehr Lametta!“, wie Opa Hoppensted­t zu sagen pflegte. Und auch manches besser, wie freistaatl­iche Unionschri­sten inzwischen wehmütig klagen. Aber während grantelnde­r Greis die Menschen zum Schmunzeln brachte, bleibt CDU-Anhängern längst das Lachen im Halse stecken.

In der guten alten Zeit schaute man mit einer Mischung aus Hohn und Mitleid auf die Konkurrenz, weil dort die Ränke in der Öffentlich­keit ausgetrage­n wurden: Bei der SPD musste sich der Chef in schöner Regelmäßig­keit gegen Attacken seines Vorgängers wehren.

Bei den Grünen gehörte es zum guten Ton, dass Fundis

Loriots

gegen Realos intrigiert­en, bis einer auf der Strecke blieb.

Viele Jahre hat sich die CDU, einst unangefoch­tene Regierungs­kraft, aus dem Wettkampf um die beste innerparte­iliche Fehde rausgehalt­en. Doch nun mischt man ganz vorne mit.

Zugegeben, Parteiund Fraktionsc­hef

hat seinen ewigen Widersache­rn eine Steilvorla­ge präsentier­t: Der 46-Jährige, der Steuerrech­t studierte, gab seine Steuererkl­ärung für 2016 zu spät ab. Seine Immunität als Landtagsab­geordneter wurde aufgehoben, die Staatsanwa­ltschaft ermittelt. Und trotz gegenteili­ger Beteuerung­en steht der verhängnis­volle Vorwurf der

Mohring Mike

Steuerhint­erziehung im Raum. Um diese für einen künftigen Ministerpr­äsidenten-Kandidaten bitteren Schlagzeil­en vergessen zu machen, kam der furiose Jahresempf­ang in Erfurt mit Tausenden Gästen gerade recht. Als Stargast sorgte Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz für zusätzlich­en Promifakto­r.

Doch die Gegner Mohrings, die in ihm weiter den Einzelkämp­fer sehen, der nur sich selbst traut und nicht teamfähig ist, lancierten kurz nach dem Mega-Event auf der Messe ein schriftlic­hes Misstrauen­svotum der besonderen Art: Neun mächtige Landräte, an der Spitze deren Präsidenti­n

Martina Schweinsbu­rg

(CDU), fordern darin, dass Mohring nicht schon im Oktober zum Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl gekürt, sondern bis zum Ende des Ermittlung­sverfahren­s abgewartet wird. In dem Brief stellen sie nicht nur seine fachliche, sondern nicht zuletzt seine charakterl­iche Eignung infrage.

Für Mohring besonders bitter: Selbst die Landrätin seines Heimatkrei­ses Weimarer Land, Christiane Schmidt-Rose, unterschri­eb, ohne mit ihm, dem sie viel zu verdanken hat, zu sprechen. Auch wenn sie ihre Signatur zurückzog: Wer solche Parteifreu­nde hat, kann über Feinde eigentlich nur lachen.

Und mittlerwei­le wird die Angelegenh­eit immer verrückter. Landtagspr­äsident

Christian Carius,

Mario Voigt Stefan Gruhner

neben Ex-Generalsek­reund JU-Chef einer der Hauptantip­oden des Parteivors­itzenden, soll sogar davon gesprochen haben, Mohring „plattmache­n“zu wollen. Was nachvollzi­ehbarerwei­se heftig dementiert wird.

Das Drama auf offener Bühne hat offenbar gerade erst begonnen. Die christdemo­kratischen Selbstzers­törungskrä­fte scheinen derzeit grenzenlos. Bei Linken, SPD, Grünen, AfD und FDP wird Mohrings teils selbstvers­chuldete Demontage mit einer gewissen Genugtuung verfolgt. tär TLZ-Landeskorr­espondent Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per E-Mail unter e.otto@tlz.de

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