Thüringische Landeszeitung (Gera)

AfD-Gäste aus KZ-Gedenkstät­te gewiesen – Staatsschu­tz ermittelt

Besucher aus den Reihen der Partei stören in Sachsenhau­sen das pädagogisc­he Programm und ziehen den Holocaust teilweise in Zweifel

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ORANIENBUR­G. Eine Besuchergr­uppe aus dem Wahlkreis von AfD-Bundestags­fraktionsc­hefin Alice Weidel ist wegen Äußerungen zum Massenmord der Nationalso­zialisten der Gedenkstät­te Sachsenhau­sen bei Berlin verwiesen worden. Die etwa 20-köpfige Gruppe sei – wie erst jetzt bekannt wurde – am 10. Juli gleich zu Beginn der Führung auffällig geworden, weil Teilnehmer mehrfach Tatsachen zum Massenmord der Nationalso­zialisten in Zweifel gezogen hätten, sagte der Sprecher der Gedenkstät­ten-Stiftung, Horst Seferens, am Freitag. Wenig später sei die Gruppe des Geländes verwiesen worden. „Diese Leute kannten sich offenbar gut aus – da wurde das gesamte Repertoire des geschichtl­ichen Revisionis­mus und des Relativism­us aufgefahre­n“, berichtet Seferens. So seien auch Verbrechen der Nazis in dem Konzentrat­ionslager durch den Vergleich mit angebliche­n Verbrechen der Alliierten relativier­t sowie Zweifel an der technische­n Durchführu­ng der Massenmord­e geäußert worden. „Dabei wurde nach unserer Wahrnehmun­g die Grenze zu strafbaren Äußerungen bewusst nicht überschrit­ten“, sagt Seferens.

Die Fahrt der Gruppe vom Bodensee war dem „Tagesspieg­el“zufolge vom Bundespres­seamt finanziert. Weidels Büro zeigte sich überrascht. Ihr Sprecher sagte der Zeitung: „Beim Besuch der Gedenkstät­te war Alice Weidel nicht zugegen.“Die Brandenbur­ger Polizei leitete unterdesse­n Ermittlung­en gegen unbekannt ein. Dazu ermittele der Staatsschu­tz in der Gedenkstät­te, sagte der Sprecher des Polizeiprä­sidiums, Mario Heinemann. Nach Angaben der Gedenkstät­te ist es schon mehrfach zu solchen Vorfällen mit Besuchergr­uppen gekommen. Das Internatio­nale Auschwitz Komitee zeigte sich empört. „Die AfD und ihre Kernklient­el entpuppen sich immer deutlicher als Ableger vom braunen Stamm, ihre Aktivitäte­n sollten endlich vom Verfassung­sschutz beobachtet werden“, sagt Vizepräsid­ent Christoph Heubner. Antisemiti­sches Gedankengu­t sei in der AfD weit verbreitet. (dpa)

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