Thüringische Landeszeitung (Gera)

„Frontex schneller ausbauen“

FDP-Europaspit­zenkandida­tin Nicola Beer hofft auf neun Mandate bei der Wahl im Mai – dann wäre auch ein Thüringer dabei

- VON FABIAN KLAUS

WEIMAR.

Die FDP will das „Weimarer Dreieck“zurück in den politische­n Fokus rücken. Nicola Beer, Spitzenkan­didatin der Liberalen bei der Europawahl im Mai, hat dazu jetzt auch Gespräche mit dem Verein „Weimarer Dreieck“geführt. Über das Reden und Handeln auf europäisch­er Ebene spricht die FDP-Spitzenfra­u im Interview mit dieser Zeitung. Es war die richtige Entscheidu­ng, dass wir uns nicht als Stimmenbes­chaffer hergegeben haben für eine Koalition, die keine Reformagen­da gehabt hätte. Leider waren CDU/CSU und Grüne nicht mutig genug, , eine solche Reformagen­da der Freien Demokraten in der Bundesregi­erung umzusetzen. Jetzt spüren wir, dass in Deutschlan­d vieles ins Stocken geraten ist. Bei Wettbewerb­sfähigkeit und Bildungsqu­alität kommen wir nicht voran. Beim Thema Steuern und Abgaben müsste dringend Entlastung geschaffen werden. In der Energiewen­de fahren wir einen deutschen Sonderweg, der für Verbrauche­r extrem teuer ist. Doch wir arbeiten daran, dass sich die Möglichkei­t für uns noch ergibt, dass wir diese Punkte irgendwann angehen können. Das ist doch unabhängig von meiner eigenen Person. Ich bin überzeugt, dass wir bei diesen Europawahl­en eine Richtungse­ntscheidun­g vor uns haben. Die EU befindet sich in einem schlechten Zustand. Es herrscht immer mehr Misstrauen zwischen den Mitgliedst­aaten. In der Europäisch­en Union wird zu viel geredet und zu wenig gehandelt. Das Parlament soll ein Initiativr­echt bekommen und dieser Wanderzirk­us zwischen Brüssel und Strasbourg ein Ende finden. Eine Verkleiner­ung der Kommission erscheint uns wichtig. Außerdem brauchen wir deutlich mehr Mehrheitse­ntscheidun­gen, damit aus dem trägen Fährkahn EU ein hochseetau­glicher Segler werden kann. Keinesfall­s. Zuhören stellt die Grundlage für Handlungen dar. Deshalb brauchen wir diese Gespräche, damit Lösungen kommen, die von den Mitgliedss­taaten in der Breite akzeptiert werden. Momentan krankt die europäisch­e Politik daran, dass 27 Staaten ihre nationalen Konzepte exportiere­n wollen. Um hier Verständni­s und Kompromiss­bereitscha­ft zu entwickeln, braucht es Gesprächsf­ormate wie das Weimarer Dreieck. Das letzte Treffen auf politische­r Ebene im Format des „Weimarer Dreiecks“liegt schon viel zu lange zurück. Wir unterstütz­en zum Beispiel die Stärkung der deutsch-französisc­hen Beziehunge­n über den Aachener Vertrag. Dort wird ein Programm installier­t, mit dem deutsche und französisc­he Parlamenta­rier in den Austausch treten. Mit dem Verein „Weimarer Dreieck“haben wir besprochen, dieses Format zu ergänzen und polnische Kolleginne­n und Kollegen dazu zu holen. Dann kann dieser Austausch auch auf der Regierungs­ebene wieder stärker in den Fokus rücken, damit Brücken wieder verstärkt werden, die momentan doch etwas wacklig geworden sind. 2015 hat gezeigt, was passiert, wenn man sich europäisch nicht abstimmt. Deshalb hätten wir diese Situation viel stärker europäisch steuern und ordnen müssen. Dafür wäre es jedoch notwendig gewesen, vorher miteinande­r zu reden und nicht als Deutsche die anderen Länder vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das aber hat Angela Merkel mit ihrer Entscheidu­ng, die Grenze zu öffnen, getan. Deshalb werben wir für den Dialog und klare gemeinsame Regeln. Sowohl für die Menschen, die ein Recht auf Asyl haben, als auch für jene Menschen, die aus wirtschaft­lichen Gründen einwandern wollen. Das kanadische Modell kann hier ein Vorbild sein. Das ist ein ungenügend­es Instrument, weil es nur für akademisch­e Berufe mit einem hohen zugesagten Jahresgeha­lt angewendet werden kann. Der Bedarf liegt aber in ganz anderen Bereichen. Deshalb benötigen wir hier eine Erweiterun­g auf Fachkräfte-Einwanderu­ng mit hierzuland­e nachgefrag­ten Qualifikat­ionen. Gleichzeit­ig müssen wir die EU-Außengrenz­en sichern. Denn das ist die Voraussetz­ung für Freizügigk­eit im Schengen-Raum. Ja, aber die Behörde müsste schneller und umfangreic­her ausgebaut werden. Die Bundesregi­erung ist da zu ambitionsl­os. Wir müssen die Außengrenz­enSicherun­g glaubhaft garantiere­n und nicht erst im Jahr 2027. Dafür müssen die entspreche­nden Gelder fließen. Aber er muss schneller vonstatten gehen. Sonst bauen wir das Misstrauen der Länder an den EU-Außengrenz­en nicht ab. Wir möchten gern die Anzahl der FDP-Abgeordnet­en im Europaparl­ament verdreifac­hen auf wenigstens neun. Das würde zum Beispiel auch sicherstel­len, dass unser ostdeutsch­er Spitzenman­n Robert-Martin Montag aus Thüringen dabei ist.

„Die EU befindet sich in einem schlechten Zustand. Es herrscht immer mehr Misstrauen zwischen den Mitgliedss­taaten.“ Nicola Beer (FDP)

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