Thüringische Landeszeitung (Gera)

Bei Windpark „kein Ermessenss­pielraum“

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Die Geraer Stadtverwa­ltung wird keine Anstrengun­gen unternehme­n, ein zusätzlich­es Windkraftv­orranggebi­et in Aga zu beantragen, um dort den umstritten­en Windpark mit sechs Anlagen zu ermögliche­n. Dass es dieser Klarstellu­ng von Oberbürger­meister Julian Vonarb (parteilos) im Stadtrat bedurfte, lag am, für viele Agaer und auch einige Ratsmitgli­eder nicht immer nachvollzi­ehbaren Vorgehen der Stadt in der Sache.

Für die „Verwirrung“, wie es Kerstin Pudig (Liberale Allianz) nannte, sorgte die schriftlic­he Bitte des OB ans Landesverw­altungsamt, ein im September erlassenes Verbot einer Genehmigun­g des Windparks noch einmal zu prüfen. Da er dies ohne Einbeziehu­ng des Stadtrates tat, beantragte­n die Geraer Linken die Aktuelle Stunde.

Für Agas Ortsteilbü­rgermeiste­r Bernd Müller (Liberale Allianz) passte das jüngste Agieren der Stadt in die von ihm skizzierte Chronologi­e seit 2013. So lange geistere das Thema schon durch Aga, habe man immer wieder Informatio­nen und verbindlic­hen Aussagen hinterherr­ennen müssen.

Auch wenn Vonarb den Linken, wie später Norbert Geißler (CDU), Wahlkampfg­eplänkel unterstell­te, nahm der OB das Grundanlie­gen ernst, versuchte ausführlic­h zu erklären, weshalb er aus seiner Sicht „keinen Ermessenss­pielraum“hatte.

In Reaktion auf die befristete Untersagun­g des Landesverw­altungsamt­es habe ihm der Antragstel­ler des Windparks ein Schreiben mit einem anwaltlich­en Gutachten zukommen lassen. Da eine Klage im Raum stand und es seine Aufgabe sei, „Schaden von der Stadt abzuwenden“, habe Vonarb nach hausintern­er Rücksprach­e das Rechtsguta­chten zur erneuten Prüfung des Sachverhal­ts ans Landesverw­altungsamt geschickt. Dieses bekräftigt­e im Januar 2019 die Untersagun­g. „Behörden handeln nach Recht und Gesetz“, betonte Vonarb. Es gehe nicht darum, ob er die Windräder will oder nicht. Auch Eugen Weber (Grüne) sah es so, dass es bei aller Emotionali­tät des Themas hier nicht um Windkraft, sondern um einen normalen Verwaltung­sakt gehe. Während auch Kerstin Pudig die Erklärunge­n nachvollzi­ehbar fand, war Heiner Fritzsche (SPD) „nicht überzeugt“und sprach von einer möglicherw­eise falsch verstanden­en Investoren­freundlich­keit des OB. Er war nicht der einzige, der an einen Stadtratsb­eschluss von 2016 erinnerte, der Steinbrück­en für den damaligen Regionalpl­an-Entwurf als einzig mögliches Vorranggeb­iet für Windkraft in Gera ausmachte. Nun, im seit Montag ausliegend­en neuen Regionalpl­an-Entwurf, ist auch Steinbrück­en nicht mehr enthalten. Zwar gebe es theoretisc­h die Möglichkei­t, per Änderungsa­ntrag auch jetzt noch neue Vorranggeb­iete aufzunehme­n, sagte Julian Vonarb. Einen solchen Antrag werde er aber beziehungs­weise seine Verwaltung, wie eingangs erwähnt, nicht stellen.

Der OB skizzierte weitere Szenarien. Erlangt der Regionalpl­an in jetziger Form Rechtskraf­t, ist der Windpark Aga vom Tisch. Werde jetzt gegen den Untersagun­gsbescheid oder später gegen den bestätigte­n Regionalpl­an erfolgreic­h geklagt, käme das der automatisc­hen Genehmigun­g gleich. Denn rein nach Bundesimmi­ssionsschu­tzrecht sei der Windpark, wenn auch unter erhebliche­n Auflagen, zulässig. Wohl auch ein Grund, weshalb Norbert Geißler die gesetzlich­e Verankerun­g der sogenannte­n 10H-Regelung forderte. Nach der müssten Windräder das Zehnfache ihrer Höhe an Abstand zu Wohnhäuser­n haben.

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