Thüringische Landeszeitung (Gera)
Viele Verlierer, wenige Gewinner in der SPD
Die Landespartei wählt in Gera ihre Liste für die Landtagswahl im Oktober. Die aussichtsreichen Plätze waren so begrenzt wie nie zuvor
Erfurt. Die Thüringer SPD, in der es bei den jüngsten Wahlen besonders viele Verlierer gab, tagte am Samstag in Gera – also in jener Stadt, in der es aus Sicht mancher lauter Verlierer gibt. Und dort, das war von Anfang an klar, würde es noch mehr Verlierer geben, denn die SPD wählte ihre Liste für die Landtagswahl am 27. Oktober.
Da die SPD angesichts der Umfragen derzeit nur noch mit zehn Sitzen und so gut wie keinen Direktmandaten rechnen kann, drängte alles, was über Macht in der Partei verfügt, nach vorne: Kabinettsmitglieder, Vorständler, Abgeordnete. Aber es gab mindestens eine echte Gewinnerin: Janine Merz, 38, aus Meiningen. Sie, die vom Parteivorstand auf dem völlig aussichtslosen Listenplatz 26 gesetzt worden war, trat auf Platz acht gegen Landtagsvizepräsidentin Dorothea Marx an und scheiterte nur knapp. Derart ermutigt, wagte sie ihre nächste Kampfkandidatur auf Platz zehn gegen die Arnstädter Landtagsabgeordnete Dorothea Mühlbauer – und gewann. Das war es dann aber auch schon mit den größeren Überraschungen im realsozialistischen Barock des Geraer Kongresszentrums. Landesparteichef Wolfgang Tiefensee hatte seinen Listenvorschlag nach allen Regeln des politischen Taktik austariert: halb Männer, halb Frauen, ein paar Altgediente, ein paar Neue und Junge, und dies alles unter Beachtung des regionalen Proporzes. Trotzdem musste er ausreichend viele Kandidaten düpieren. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dagmar Becker und Frank Warnecke waren auf seiner vom Vorstand abgenickten Liste auf den Plätzen 14 und 17 gelandet – und die Abgeordnete Birgit Pelke erst auf 20. Auch Juso-Landeschef Oleg Shevchenko wirkte mit der 13. Position äußerst unzufrieden. Tiefensee hatte natürlich die Klagen gehört und sprach sie in Gera offen an. Nachdem er in seiner Rede den Vorschlag im Detail begründet hatte, appellierte er an den Parteitag, nicht nur „auf die ersten zehn Plätze zu schielen“, weil das die Umfragen gerade so sagten. „Ja, wo sind wir denn?“, rief er. „Entweder wir kämpfen dafür, dass wir unser Ergebnis deutlich verbessern, oder wir können sofort einpacken!“
Der Parteichef konnte sich trotzdem abgesichert fühlen. Die Absprachen mit den Kreisverbänden besagten, dass es auf die vorderen Plätze keine Angriffe geben würde. Und so kam es auch. Die Delegierten bestätigten Tiefensee als Spitzenkandidat mit 84 Prozent. Das waren zwar fünf Prozentpunkte weniger, als der Wirtschaftsminister im November bei seiner Wiederwahl zum Parteichef erhalten hatte. Aber nicht nur er betrachtete das Ergebnis im Rahmen der Umstände als ordentlich. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Finanzministerin Heike Taubert (73 Prozent) aus Ronneburg und Fraktionschef Matthias Hey (88 Prozent) aus Gotha. Auf Platz vier wurde die stellvertretende Landesvorsitzende Cornelia Klisch (70 Prozent) aus Erfurt gewählt. Danach folgten Innenminister Georg Maier (Friedrichroda) und Landesvize Diana Lehmann (Suhl) mit jeweils 73 Prozent sowie der Jenaer Kreischef Lutz Liebscher (74 Prozent). Nachdem sich auf Platz acht in der ersten Kampfabstimmung Landtagsvizepräsidentin Marx (Sondershausen) gegen Janine Merz durchgesetzt hatte, wurde Landtagsabgeordneter Thomas Hartung (Weimar) unangefochten auf die Neun gewählt. Anschließend verdrängte Merz die Abgeordnete Mühlbauer von der Zehn.